Starnberg:Aufstand im Stadtrat

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Fünf Fraktionen fordern: Erst das Verkehrskonzept, dann Beratung - nicht andersherum

Von Peter Haacke, Starnberg

Wenn es ein Thema gibt, über das sich der Starnberger Bürger mit Inbrunst ereifern kann, dann ist es der Verkehr. Ob Tunnel, Umfahrung oder Einbahnstraßenregelungen: Das Meinungsbild dazu ist vielfältig. Große Hoffnungen setzt man seitens der Stadtverwaltung seit dem Vorjahr auf einen "Verkehrsentwicklungsplan" (VEP), den das Büro SHP aus Hannover erstellen soll. Doch allzu überzeugend sind die bisher vorliegenden Ergebnisse nicht, zumal die Experten aus Hannover noch immer an ihrer Expertise basteln. Die für Dienstag, 7. Juni, geplante Sitzung des Projektausschusses Verkehrsentwicklung, bei der es insbesondere um eine Modifikation der Verkehrsführung in der Innenstadt gehen sollte, hat Bürgermeisterin Eva John daher auf den 21. Juli verlegt. Ungeachtet des aktuellen Sachstandes und der bestenfalls hypothetischen Pläne will die Bürgermeisterin am Freitag, 10. Juni, dennoch mit Starnbergs Geschäftsleuten sowie am Donnerstag, 16. Juni, im Rahmen einer Versammlung mit den Bürgern palavern. Dagegen aber formiert sich jetzt Widerstand: 16 der insgesamt 30 Stadträte haben am Freitag einen Dringlichkeitsantrag gestellt mit dem Ziel, das Treffen mit den Geschäftsleuten und die Bürgerversammlung solange zu verschieben, "bis der Stadtrat ein Realisierungskonzept für die Innenstadt beraten und beschlossen hat".

Fünf der insgesamt neun Fraktionen - CSU, UWG, Grüne, SPD und die neu formierten "Parteifreien" - haben das Schreiben unterzeichnet. Sie monieren, dass das Ende Februar vom Verkehrsausschuss in Auftrag gegebene, bislang aber nicht existente Konzept für die Innenstadt weder Stadtrat noch Verkehrsausschuss bekannt sind. "Es stellt sich die Frage, was hier vorgestellt wird", schreibt Angelika Kammerl im Namen der übrigen 15 Unterzeichner. In der Einladung ist von einem "Verkehrskonzept für die Innenstadt" die Rede, doch ein solches wurde mit den Stadträten bislang gar nicht besprochen. Daher sei es nicht vertretbar, "Geschäftsleuten und Bürgern Innenstadtvarianten vorzustellen, denen kein Beschluss zugrunde liegt", heißt es weiter. Ohnehin müsse sich "wegen der Tragweite des Projektes ( . . . ) der Stadtrat und nicht ein Ausschuss mit der Thematik befassen". Der Bürger würde über Vorschläge diskutieren, von denen nicht feststeht, ob sie überhaupt in ein Realisierungskonzept kommen. Es bestehe die Gefahr, dass die Bürgerversammlung eine reine "Könnte-Sollte-Veranstaltung" wird.

Dem Verkehrsausschuss waren am 29. Februar insgesamt zehn Möglichkeiten präsentiert worden, das Gremium votierte mehrheitlich für die ausschließliche Untersuchung der Varianten 5 und 8. Beide sehen - wie in den vergangenen Monaten - eine Einbahnregelung für die Wittelsbacherstraße vor, die wiederholt erhebliche Verkehrsbehinderungen und Unmut in der Bevölkerung erzeugt hatte. Unklar ist bislang, wie Bürgermeisterin John auf den Dringlichkeitsantrag reagieren wird. In einer ersten Stellungnahme berief sie sich am Freitag auf die Beschlusslage vom Februar, derzufolge sich die politischen Gremien erst nach "Bürgerversammlung und der strukturierten Öffentlichkeitsbeteiligung mit dem Realisierungskonzept beratend befassen". Mit dem Verkehrsthema will sich am Dienstag, 14. Juni, auch das reanimierte "Stadtbauforum" befassen.

© SZ vom 04.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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