Starnberg:Aufgeblüht in Brasilien

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Edgar Selge spielt in der Komödie "Bach in Brazil" einen verschrobenen Musiklehrer. (Foto: Felix Hörhager/dpa)

Die Feel-Good-Komödie "Bach in Brazil" mit Edgar Selge

Von Blanche Mamer, Starnberg

Marten Brückling ist ein ziemlich verschrobener Musiklehrer, der wenig vom Leben erwartet. Und es erst gar nicht glauben kann, dass sein Jugendfreund Klaus, von dem er ewig nichts gehört hat, ihm ein Original-Notenblatt von Johann Sebastian Bachs Sohn vererbt. Dafür muss Brückling allerdings nach Brasilien reisen, denn Klaus hat dort als Musikwissenschaftler gearbeitet. Brückling, das ist Edgar Selge. Als missmutige, traurige Gestalt geistert er zunächst durch den Film "Bach in Brazil" von Ansgar Ahlers. Nur drei Tage setzt er für die Flugreise nach Ouro Preto an, die ihm seine Kollegin und heimliche Liebe Marianne organisiert. Sie wird von Franziska Walser gespielt, als patente, freundliche und ebenfalls heimlich Verliebte. Das Ehepaar Selge-Walser ist ein interessantes und gut eingespieltes Gespann, und der Zuschauer hofft von der ersten Szene an, dass alles gut ausgehen möge.

Vieles in dieser Feel-Good-Komödie mit sozialkritischem Unterton ist vorhersehbar. Dass Selge/Brückling nicht heil aus der Kleinstadt in den brasilianischen Bergen nördlich von São Paulo herauskommt, sondern niedergeschlagen und ausgeraubt wird, ist keine Überraschung. Er gerät zufällig an den viel zu freundlichen Candido, der ihm anbietet, seine Tuba - es ist ein Euphonium, darauf besteht Brückling - das wertvolle Notenblatt und die Papiere wiederzufinden. Unter der Bedingung, dass er den Kindern in der Jugendstrafanstalt, in der Candido arbeitet, Musikunterricht gibt. Etwas unwillig stimmt Selge/Brückling zu - und nun beginnt für ihn ein richtiges Abenteuer. Nicht nur die Jungs leben auf, auch der ursprünglich so dröge Musiker mutiert zu einem leidenschaftlichen Lehrer, der plötzlich nicht nur bei den Musikstücken improvisieren kann, sondern auch ungeahnte Fähigkeiten bei sich erkennt.

Bei einem Dokumentarfilmdreh in Brasilien sei ihm erzählt worden, dass man bei den Kindern in den Favelas mit Musik sehr viel erreichen könne, sagt Regisseur Ahlers. Zudem habe er erfahren, dass nicht nur Barockkirchen, sondern auch Barockmusik in Brasilien Tradition haben. Die Melodie des Arioso von Bach sei in Brasilien überall bekannt, nicht nur durch die Werbung sondern auch als Lead-Sound einer Telenovela. "Viele brasilianische Komponisten wurden durch die europäische Barockmusik inspiriert. Als ich für die Geschichte recherchiert habe, wurde mir ein Original-Notenblatt von Rossini gezeigt, das einer so aus einem Schrank zog", erzählt der 40-jährige Filmemacher. Er selbst hat Posaune gespielt und auch unterrichtet. Edgar Selge habe er angefragt, weil er gelesen hatte, dass dessen Vater Leiter einer Jugendstrafanstalt war und die Jungs sonntags zu sich nach Hause zum Musizieren einlud. "Es hat geklappt, und es war eine schöne Zusammenarbeit." Er hat immer noch Kontakt zu den Jugendlichen, die er zum Teil auf der Straße castete und die in kürzester Zeit ein Instrument lernten. Beschwingt verließen die meisten Zuschauer das Kino.

Der Film kommt im März regulär ins Kino und ist noch am Samstag, 18 Uhr, in Seefeld zu sehen.

© SZ vom 01.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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