Starnberg:Auf Konfrontationskurs

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Eva John will wegen der Beitragssatzung zum Straßenausbau klagen, Stadträte sehen dies kritisch

Von Peter Haacke, Starnberg

Mit großer Verwunderung, aber auch zustimmend haben die im Stadtrat vertretenen Fraktionen die Ankündigung von Bürgermeisterin Eva John zur Kenntnis genommen, gegen den Bescheid der Kommunalen Rechtsaufsicht zur Aufhebung der Starnberger Straßenausbaubeitragssatzung klagen zu wollen. John hatte im März 2015 - also in der "stadtratlosen" Zeit nur wenige Wochen vor den Wahlen - in einer einsam getroffenen Entscheidung die Aufhebung der Satzung verkündet. Seitdem herrscht große Unsicherheit, ob diese Entscheidung Bestand haben wird. Die Stadt ist derzeit voller Baustellen, fraglich ist, welche finanziellen Folgen die Auseinandersetzung für betroffene Anlieger haben wird. John ist der Auffassung, dass das Landratsamt "ohne Not Beschlüsse zum Wohl der Bürger" aufhebt und die Stadt ins Klageverfahren zwingt.

Eine gänzlich andere Sichtweise vertritt die CSU. "Wer die Gesetzeslage kennt, der musste damit rechnen", erklärte Ortsvorsitzender Stefan Frey. Mit einer Klage werde nur Zeit und Geld verschwendet. "Wir müssen in dieser Stadt endlich wieder zu vernünftiger Politik mit Blick auf unsere Rechtsordnung zurückkehren", sagte Frey. Der Stadtrat sollte sich vielmehr darüber Gedanken machen, wie man eine neue Satzung künftig ausgestalten könnte; der Gesetzgeber werde bald erheblich größeren Gestaltungsspielraum einräumen. Kritisch sieht auch Jürgen Busse (UWG) die erwartete Auseinandersetzung zwischen Stadt und Landratsamt. "Die Bürgermeisterin hat eine sehr laxe Rechtsauffassung", sagt der Geschäftsführer des Bayerischen Gemeindetages. Er fordert John auf, sich an geltendes Recht zu halten und die ständigen Auseinandersetzungen mit der Rechtsaufsicht endlich zu beenden. Seiner Meinung nach "zwingt John ihre Leute aus Loyalität, aber in Unkenntnis der Rechtslage und ohne Rat einzuholen, rechtswidrige Beschlüsse mehrheitlich abzusegnen".

Martina Neubauer (Grüne) hält eine Klage schlicht für Unsinn - "insbesondere wenn man sieht, wie die Pro-Kopf-Verschuldung in Starnberg in Richtung 1000 Euro steigt - weit über dem Landesdurchschnitt. Ich halte die Klage für völlig aussichtslos, eine Verschwendung von materiellen und personellen Ressourcen." Ähnlich sieht das Tim Weidner (SPD), der eine Klage der Stadt aus verschiedenen Gründen ablehnt. "Der Bürger zahlt in jedem Fall", sagt Weidner, "die Frage ist nur: Welcher Bürger?" Denn bei einer Erhöhung der Grundsteuer "werden auch die Mieter bluten". Sämtliche Spitzenverbände würden an der Satzung festhalten.

Unterstützung für eine Klage vor dem Verwaltungsgericht kommt dagegen von FDP, Bürgerliste und BMS. Heike Barall-Quiring, Ortsvorsitzende der Liberalen, geht davon aus, dass sich John juristisch beraten lassen hat. Sie ist für eine Aufhebung der Satzung, weil der Aufwand zur Einforderung der Beiträge zu groß sei und "in keinem wirtschaftlichen Verhältnis steht". Auch BLS-Chef Walter Jann plädiert für eine Aufhebung der Satzung und unterstützt eine Klage der Stadt, schränkt aber ein: "Die Stadt muss es sich leisten können." Jann glaubt aber daran, dass "die Bürgermeisterin nachweisen wird, dass die Stadt finanziell zufriedenstellend dasteht". Die Satzung in ihrer jetzigen Form stelle eine Ungerechtigkeit dar. Auch aus den eigenen Reihen kommt Unterstützung für einen Gang vor Gericht: "Es lohnt sich tatsächlich dafür einzutreten, dem Bürger Kosten zu ersparen", sagte Michael Mignoli (BMS), "ich halte das für richtig". Von der WPS war keine Stellungnahme zu erhalten.

Mit Spannung wird nun erwartet, wie sich der Stadtrat voraussichtlich am Montag, 26. Oktober, in dieser strittigen Angelegenheit entscheiden wird. Die Juristen am Landratsamt waren nach intensiver Prüfung der Haushaltssituation der Kreisstadt zur Auffassung gelangt, dass Starnberg gar nicht die finanziellen Voraussetzungen für eine Aufhebung der Satzung vorweisen kann und forderten Stadtrat und Bürgermeisterin erstmals im Juni und im Oktober ein weiteres Mal zur Aufhebung des rechtswidrigen Beschlusses auf. Der Stadtrat aber kam dieser Aufforderung bislang dank Stimmenmehrheit von WPS, BMS, BLS und FDP nicht nach.

Sollte das Gremium weiterhin bei seiner Haltung bleiben, ist eine Klage und der Gang vors Bayerische Verwaltungsgericht unausweichlich. Das Urteil hätte landesweite Strahlkraft.

© SZ vom 21.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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