Starnberg:Auf Klang gebaut

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Abiturienten schreiben Erfolgsgeschichte mit fiktiver Lautsprecherfirma

Von Berthold Schindler, Starnberg

Ein kleiner Hauch von Wall Street zieht durchs Gymnasium Starnberg. Zehn junge Männer und eine junge Frau vom P-Seminar Junior zeigen sich, zumindest ansatzweise, im Businesslook, professionell ist jedenfalls das Auftreten von der freundlichen Begrüßung jedes Aktionärs bis zur Bilanzpräsentation auf der Leinwand. Etwas ungewöhnlich klingt das ja schon: Eine Aktionärshauptversammlung mit einem 18-jährigen Vorstandsvorsitzenden, der mit Gleichaltrigen ein Unternehmen ins Leben gerufen hat, das Lautsprecher herstellt. Nicht irgendwelche, sondern tragbare Boxen mit einem Holzgehäuse, daher auch der Name: Woodbeats.

"Woodbeats ist nur eine "Unternehmensfiktion", sagt der Vorsitzende Tim Bongardt. 65 Aktien zu je zehn Euro hat man verkauft, vorrangig an Menschen aus dem Schulumfeld, aber auch an Bürgermeisterin Eva John, wie Bongardt stolz erzählt. Überhaupt ist die ganze Sache mit den portablen Musikanlagen eine veritable Erfolgsstory. Der Aktienwert wurde bis zum vierten und finalen Unternehmensquartal um mehr als 100 Prozent gesteigert. 30 Boxen wurden angefertigt unter Mithilfe der Pöckinger Schreinerei Ammerl, 29 davon zum Stückpreis von 90 Euro verkauft; alleine elf davon auf den Christkindlmärkten in Starnberg und Pöcking, die letzte für 120 Euro bei der Hauptversammlung versteigert. Minutiös hat Bongardt diese durchgetaktet. Begrüßung, Resümee der Abteilungen Marketing, Verwaltung, Produktion und Finanzen, anschließend ein Fazit und die Versteigerung. Hinterher geht es zu Häppchen und Getränken, die der Elternbeirat beigesteuert hat.

Der Referent von der Marketingabteilung, etwas spät und hörbar heiser ("Ich entschuldige mich für meine Stimme") stellt den Webauftritt vor. Jeden Mittwoch wurde ein professionelles Bild auf Facebook gepostet. Spannend ist, was die Produktion zu berichten hat: Die Schreinerei Ammerl hat die Bretter zugeschnitten, das Innenleben aus Lautsprechermodulen, Verstärker und Akku haben die Abiturienten selbst gebaut und anschließend verleimt, "relativ simpel" sei das gewesen, sagen die Burschen in aller Bescheidenheit. Findig waren auch die Finanzer. Die Herstellung einer Box kostet etwa 60 Euro. 30 wollte man bauen, das wären insgesamt 1800 Euro aufzubringendes Investitionskapital. Vom Aktienverkauf kamen aber nur 650 Euro rein. Man fragte also Mitschüler, ob sie Lautsprecher kaufen wollen. Neun sagten zu und streckten je 90 Euro vor - und schon konnte man das Kapital um 810 Euro aufstocken und guten Gewissens in die Produktion gehen.

Am Schluss die Abstimmung der Aktionäre: Wie soll mit Gewinn und Startkapital verfahren werden? Einstimmig beschließen sie, dass die Hälfte des Gewinns, etwa 300 Euro, an das P-Seminar für einen Bowlingabend gehen soll und der Rest, ein erklecklicher Betrag von mehr als 1000 Euro, gespendet wird an lokale Initiativen, die Asylbewerber unterstützen, darunter ein anderes Starnberger P-Seminar "Flüchtlingshilfe".

"Wir hatten unheimlich viel Spaß und ein tolles Jahr", sagt Bongardt, als er sich bei Kollegen, Unterstützern und der Schulpatin Christine Schulz bedankt. Dennoch beschließt der Vorstand, das Unternehmen einzustellen, obwohl es durchaus Überlegungen gab, weiterzumachen. Aber: "Wir haben noch dieses eine wichtige Projekt namens Abitur."

Naturgemäß haben die Schüler nach ihrem Erfolg Lunte gerochen. Man könne Woodbeats nach dem Schulabschluss in größerem Rahmen verfolgen, viele seien jetzt an Betriebswirtschaft interessiert, heißt es. Freilich mit anderen Produktionsbedingungen als bisher: "Es wird dann hoffentlich mehr als 50 Cent Stundenlohn geben", sagt Bongardt und lacht.

© SZ vom 30.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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