Starnberg:Aschenblödl und die Streithansel

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Bernhard Gawinski (re.) und Toni Beigel als Seppel und Kasperl in der neuen Kasbrettl-Aufführung "Wieder dahoam". (Foto: Nila Thiel)

Das Kasbrettl nimmt einmal mehr die Starnberger Kommunalpolitik aufs Korn - und schreckt auch vor Donaldus Truump nicht zurück

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Was haben die Starnberger Bürgermeisterin Eva John und der Präsident der Vereinigten Staaten Donald Trump gemeinsam? Ihre Kunst besteht darin, die Leute glauben zu machen, dass sie zaubern können. Aus Trumps Wahlslogan "Amerika first" wird "Starnberg first, we make Starnberg great again". Und das Kasperltheater in den Gremien ist ebenfalls das gleiche. Für die Kabarett-Gruppe der Kolpingbühne Starnberg hat sich dieser Vergleich geradezu aufgedrängt. "Ois Theata" heißt der Sketch, der sich in mehreren Akten durch das neue Programm "Wieder dahoam" zieht. Bei der Premiere am Donnerstag im ausverkauften Pfarrzentrum erntete die Mischung aus Beobachtungen und ernsthaften Blödeleien, untermalt von witzig-melancholischen Gesangsimprovisationen der "D'harmonists", wiederholt tosenden Applaus.

Mit großem Erfolg zeigten die Darsteller, dass sie nicht nur die Welt der Bühne beherrschen, sondern es auch im Bereich Kabarett durchaus mit den Profis aufnehmen können. Das Kasbrettl-Ensemble unter Leitung von Thomas Beigel ist ein eingespieltes Team, das jedes Jahr gemeinsam ein Programm entwickelt und die Texte selbst schreibt. Dazu braucht es normalerweise eine Portion Fantasie. Bühnenchef Beigel ist jedoch überzeugt davon, dass eigene Ideen nicht mehr nötig sind: Die könne man sich jederzeit aus dem Starnberger Stadtrat holen. Denn von Komödie bis Drama ist in diesem Kommunalkabarett alles dabei. Die Oberzauberin im Starnberger Stadtrat "Johneva" (Annette Sepperl) jedenfalls, ist ebenso wie "Donaldus Truump" (Uwe Grimm) eine "Meisterin im Erfinden von alternativen Fakten". Zauberlehrling "Harry Picker" hilft ihr dabei ebenso wie der "Pfist a Bebbi". Und mit ihrem Widersacher, dem Landrat Karl Roth (Andreas Schubert), lässt sich herrlich streiten nach dem Motto "Was sich liebt, das neckt sich". Die "Starnberger Streiter" im Stadtrat sind alle gegen alle. Und die Bürger fragen sich, was das alles soll.

Herrlich ist der Rap "Ich will das nicht, du kriegst es nicht." Seit nunmehr zwei Generationen wird immer wieder über den Tunnel diskutiert, gezetert und gestritten ohne Ende. Projekte werden verschoben. Es gibt Stau ohne Ende und kein Dach über dem Bahnsteig, dafür aber ein Bahnhofsklo, "das schöner ist, wie der Bahnhof selbst, weil sich die Bürgermeisterin höchstpersönlich darum kümmert".

Weil es aber ein großes Anliegen des Kasbrettl-Ensembles ist, dass sich die Leute in ihrem Programm wiederfinden, wird das Publikum darüber hinaus mit humorvollen Begebenheiten unterhalten und die Stimmungen des Normalbürgers treffsicher kommentiert. Da geht es um Männer ab 50 (Annette Sepperl und Rike Eickelschulte), um den Single auf Frauensuche (Thomas Beigel) oder um das Ärgernis, wenn auf jedem Parkplatz Visitenkarten in das Seitenfenster des Autos geklemmt werden (Richard Labermeier). Auch der Nachwuchs bekommt eine Chance: Die Darsteller im Sketch "Aschenblödl" werden fast komplett von der Familie Beigel gestellt. Natürlich werden auch eigene Erlebnisse aufs Korn genommen (Waltraud Beigel, Richard Labermeier, Felicitas Beigel).

Im vergangenen Jahr war das Kasbrettl heimatlos, weil das Pfarrzentrum aus Brandschutzgründen gesperrt war. Der Umbau sollte zum diesjährigen Auftritt abgeschlossen sein. Doch es ist noch immer nicht alles so, wie es sein soll. Mit den Brandschutzarbeiten wurde noch nicht einmal begonnen, die Aufführungen sind in diesem Jahr nur mit Sondergenehmigung und unter Aufsicht von Feuerwehrleuten möglich. Dennoch sind alle Ensemble-Mitglieder froh, endlich "Wieder dahoam" zu sein.

© SZ vom 13.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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