Starnberg:Angekommen

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Regisseur Michael Verhoeven (links), Ehrengast des Festivals 2015, wird heuer der Hauptjury des Filmfests angehören. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Das Fünfseen-Filmfestival gehört inzwischen zu den arrivierten und wichtigsten deutschen Kino-Events. Im Jubiläumsjahr geht es um die Themen Fremdheit und Freundschaft, 130 Filme werden zu sehen sein

Von Gerhard Summer, Starnberg

Die neue Homepage ist bereits im Netz, aber wer sich voller Vorfreunde darauf stürzt, könnte am Ende ein wenig enttäuscht sein. Was den Fan wirklich interessieren dürfte, also beispielsweise welcher Ehrengast zum 10. Fünfseen-Filmfestival kommen wird und welches Programm die Cineasten erwartet, ist nämlich noch nicht im Internet zu lesen. Wäre womöglich auch ein bisschen viel verlangt. Bei der Berlinale beispielsweise steht erst eine Woche vor dem Start fest, was auf den Leinwänden zu sehen sein wird. Auch das Team um Festivalchef Matthias Helwig ist noch damit beschäftigt abzuklären, welche der auserkorenen Filme am Ende tatsächlich in den sieben Spielstätten zwischen Starnberg und Landsberg laufen.

Klar ist derzeit immerhin schon: Die Jubiläumsausgabe des Kinomarathons, der vergangenes Jahr etwa 19 000 Besucher angezogen hatte, soll nicht die bisherigen Dimensionen sprengen. Etwa 130 Produktionen werden zwischen 27. Juli und 7. August gespielt, also sogar weniger als 2015. Die Spannweite reicht wie immer von großen Dokus wie dem Berlinale-Gewinner "Fuocoammare" über die Insel Lampedusa bis hin zu internationalen Spielfilmen und regionalen Produktionen wie "Die Villa und ihr Buchheim" von Bernt Engelmann und Gisela Wunderlich. Außerdem werden zehn Filme aus den vergangenen zehn Jahren Festival zu sehen sein. Und welche Thematik in Zeiten der Flüchtlingsproblematik in den zwölf Tagen dominieren soll, ist auch schon klar: Fremdheit und Freundschaft, schließlich ist Kino das Spiegelbild einschneidender gesellschaftlicher Entwicklungen.

Das Festival selbst ist längst auf einem Platz angekommen, von dem der Chef der Breitwand-Kinos im Landkreis im Jahr 2007 wohl kaum zu träumen gewagt hätte: Es gehört mittlerweile zur Riege der wichtigsten deutschen Kino-Events, ist ein bedeutender Wirtschafts- und Imagefaktor geworden, punktet mit seiner speziellen lockeren Atmosphäre und rangiert mit seiner Programmfülle erstaunlich dicht hinter dem Münchner Filmfestival, obwohl zwischen den beiden Etats Welten liegen. Laut Pressesprecher Konstantin Fritz beträgt das Starnberger Budget nämlich nur 150 000 Euro und damit etwa ein Zehntel des Münchner Festivalhaushalts. Auch in der Branche gelte Starnberg mittlerweile als aufstrebendes, ernst zu nehmendes Ereignis, sagt Fritz. Regisseure schätzten es als eine Art Test für ihre neuen Produktionen, weil in den Kinos im Fünfseenland eben nicht die aus Filmcrews rekrutierten Claqueure wie andernorts die Szene bestimmten, sondern normales Publikum.

Auf dem Programm des Jubiläumsfestivals finden sich Filme aus drei Partnerländern, zwei davon stehen fest: Indien und Serbien. Auf Südasien fiel abermals die Wahl, weil Herrsching, eine der Spielstätten des Kinofestes, seit 1994 eine Freundschaft zu Chatra pflegt. Für den Staat in Südosteuropa entschied sich Helwig, weil aus diesem ehemaligen Kriegsland, dessen Gesellschaft sich jetzt neu definieren müsse, hoch interessante Stoffe kämen, so sein Pressesprecher.

Das Festival setzt heuer, was seine unterschiedlichen Sektionen betrifft, auf ein neues Logo im Regenbogendesign und ein neues Ordnungsschema: In den ersten vier Tagen laufen komprimiert die Horizonte-Filme zu gesellschaftlich relevanten Themen, in den zweiten vier Tagen die Dokus und in den dritten vier Tagen die Spielfilme. Was auch für die Juroren den Vorteil hat, dass sie die Filme sozusagen am Stück im Kino mit Publikum anschauen können und eben nicht im stillen Kämmerlein konsumieren müssen. Der Hauptjury wird der Ehrengast des Vorjahrs angehören, Michael Verhoeven, der Horizonte-Filmpreis soll bereits am 31. Juli vergeben werden und nicht wie bisher zum Finale hin.

Helwig und seine Mitarbeiter haben auf den Festivals in Saarbrücken, Berlin, Solothurn, Locarno, Venedig, Istanbul, Linz, Graz, Wien und Innsbruck Hunderte von neuen Filmen gesehen und daraus ihre Best-of-Auswahl getroffen. Momentan prüft das Team, ob die 130 favorisierten Produktionen in den zwölf Tagen auch tatsächlich gezeigt werden können und, wenn ja, zu welchem Preis. Die Vertriebs- und Produktionsfirmen verlangen nämlich bei Festivals oft eine Screening-Gebühr. Was sich summiert: 2015 zahlten die Starnberger dafür 35 000 Euro, so Fritz. Dazu kamen 15 000 Euro für Reise- und Übernachtungskosten von Regisseuren.

© SZ vom 21.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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