Starnberg:Abschied mit ein bisschen Wehmut

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Kulturamtsleiterin Annette Kienzle verlässt das Rathaus nach 15 Jahren

Von Peter Haacke, Starnberg

Extrem zermürbende Wochen und Monate liegen hinter ihr, die beruflichen Aussichten sind derzeit bestenfalls vage. Doch nach 15 Jahren hat Annette Kienzle, bisherige Kulturamtsleiterin der Stadt Starnberg, genug: Sie verabschiedete sich am Donnerstag im Rahmen einer kleinen Feier offiziell - allerdings nur von der Stadtverwaltung, nicht aber von Starnberg, wie sie betonte. Freilich sei sie einerseits "auch ein bisschen traurig", bekannte die 58-jährige Kulturmanagerin in ihrer Abschiedsrede vor Freunden, Bekannten, ehemaligen Kollegen und Weggefährten im "Café Luna". Andererseits präsentierte sich Kienzle nach längerer Auszeit und einer Wanderung durch die Alpen aber bestens erholt: "Mir geht es wieder gut", sagte sie. Und das sei im Zweifel wichtiger.

Kaum jemand hat das Starnberger Kulturgeschehen in den vergangenen Jahren so nachhaltig geprägt wie Kienzle, die Altbürgermeister Ferdinand Pfaffinger 2004 eingestellt hatte. Kultur bietet ein weites Betätigungsfeld, und Kienzle verstand es, in Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Kulturschaffenden - Malern, Literaten, Musikern und Veranstaltern - ein vielfältiges Programm auf die Beine zu stellen. Ob Schlossberg Open Air, Theater- und Kulturtage, Schloss- und Filmfest, Christkindlmarkt oder Faschingstreiben: Das Kulturamt war stets beteiligt. Die Gründung des Starnberger Kulturverlags fiel ebenso in ihr Ressort wie die "Nacht der langen Tafel", eine der attraktivsten Veranstaltungen der Kreisstadt. Einer der Höhepunkte ihres Schaffens war 2012 ein außerordentlich üppiges Kulturprogramm anlässlich des hundertsten Starnberger Stadtjubiläums, das insgesamt mehr als 70 000 Besucher anlockte.

Doch mit dem Wechsel an der Rathausspitze und der Amtsübernahme von Eva John 2014 rumorte es zunehmend hinter den Kulissen. Die Kulturamtsleiterin mit ihrem zuweilen hanseatisch-sprödem Charme, so berichten es Kolleginnen aus der Stadtverwaltung, haderte zunehmend mit dem Führungsstil der Bürgermeisterin. Kienzle selbst äußert sich zwar nicht dazu. Ihre Gäste aber thematisieren Personalsituation und Führungsstrukturen im Rathaus im Allgemeinen sowie den zunehmenden Druck auf die Mitarbeiter im Besonderen, sprechen über Abmahnungen, Repression, Kündigungen, Personalfluktuation und gerichtliche Auseinandersetzungen vorm Arbeitsgericht. Am Ende der offenkundigen Querelen zwischen Bürgermeisterin und Kulturamtsleiterin - auch das ist kein Geheimnis - stand ein Aufhebungsvertrag und die Zahlung eines mittleren fünfstelligen Abfindungsbetrags.

"Du hast dich selbst vergessen", sagte Starnbergs Vize-Bürgermeister Klaus Rieskamp zu Kienzle. "Es gab Tage, an denen es viel Spaß gemacht hat mit dir zusammen. Alles hast du organisiert - wir können stolz auf dich sein." Tatsächlich hatte sich Kienzle in ihrer Abschiedsrede kurz zuvor darauf beschränkt, sich bei den anwesenden Gästen sehr persönlich zu bedanken. Darunter sind Kollegen und Kolleginnen aus der Stadtverwaltung, Kulturschaffende wie Bürgermedaillen-Trägerin Elisabeth Carr oder Filmexpertin Barbara Winkler, Kreisheimatpfleger Manfred Schulz, Altbürgermeister Pfaffinger, Stadt- und Kreisräte, Journalisten und Familienangehörige. Kienzle verzichtete auf einen Rückblick mit herausragenden Kulturereignissen, es gab weder Bilanzen noch böse Worte. Sie scheint sich offenbar mit ihrer neuen Situation arrangiert zu haben, wirkt wie von einer Last befreit. Reisen will sie nun, England und Irland etwa stehen auf dem Programm, und Zeit mit ihren Töchtern. "Mehr weiß ich noch nicht", sagte die Historikerin.

Dafür berichtete Kienzles Tochter Leonie, die eine Rede vorbereitet hat, von Erlebnissen aus Sicht eines Familienmitglieds. Etwa, als ihre Mutter ihr als Kind eine geheime Toilette auf der Roseninsel gezeigt habe, von Impressionen aus dem Backstagebereich der Schlossberghalle und "coolen Sachen, die Mama schon wieder plant". Rieskamp indes stellte fest: "Du hast dich um die Kultur in Starnberg verdient gemacht."

© SZ vom 31.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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