Bürgermeisterin John und die Nerven:Abgang unter Tränen

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Hat die Fassung verlorgen: Eva John, die Starnberger Bürgermeisterin, verließ die Stadtratssitzung unter Tränen. (Foto: Arlet Ulfers)

Nach der Schlacht um den Tunnel und der Vertagung der Etatberatungen liegen bei Bürgermeisterin Eva John die Nerven blank

Von Peter Haacke, Starnberg

Anstrengende Tage liegen hinter Starnbergs Stadträten und Bürgermeisterin Eva John: Am Donnerstag Bauausschuss, am Freitag Finanzausschuss, am Montag die historische Entscheidung zum Bau des B2-Tunnels (Sitzungsende 1.15 Uhr). Am Tag danach folgte um 18 Uhr die Fortsetzung, weil die von der Bürgermeisterin angesetzte Tagesordnung - darunter der Punkt Haushalt 2017 - nicht mal zur Hälfte bewältigt war. Angesichts dieses üppigen Arbeitspensums und meist nur wenig Schlaf verwunderte es nicht, dass einigen Mandatsträgern die Strapazen am Dienstag quasi ins bleiche Gesicht gezeichnet waren.

Bei Eva John aber schienen am Dienstag die Nerven offensichtlich blank zu liegen: Zunächst vertagte das Gremium die Beratung über den Haushalt, dann folgte massive Kritik am John'schen Arbeitsstil. Am Ende verließ die Bürgermeisterin unter Tränen vorzeitig um 20.15 Uhr den nicht-öffentlichen Teil der Sitzung, trat verärgert gegen eine Tür und kehrte auch nicht mehr zurück. Einen konkreten Anlass für den unerwarteten Abgang vermochten die verbliebenen Stadträte nicht zu erkennen; in der Beratung war es zu diesem Zeitpunkt um die Vergabe von Leistungen im Außenbereich des Wasserparks gegangen.

Die Sitzungsleitung übernahm daraufhin Klaus Rieskamp. Das Gremium hatte sich zuvor ein reduziertes Programm auferlegt: John selbst zog den Punkt "Verkehrsentwicklungsplan" zurück, dann folgte - nach kurzer Diskussion - eine Mehrheit im Gremium einem Antrag von Patrick Janik (UWG) auf Vertagung des Punktes "Haushalts 2017", weil die Debatte darüber erfahrungsgemäß ein zeitintensives Unterfangen darstellt. "Es ist ein Stück Erschöpfung da", sagte Martina Neubauer (Grüne) und sprach damit den meisten Stadträten aus der Seele. "Wir können den Haushalt auch noch in vier Wochen beschließen. 2016 lag er erst im April vor." John reagierte verständnislos und sichtlich gereizt: "Jetzt höre ich, dass Sie sich nicht einarbeiten konnten. Ich bin mehr als überrascht." Es hätten sich seit Freitag im Finanzausschuss keine wesentlichen Punkte geändert. Franz Heidinger (BLS) beharrte jedoch darauf, dass er das etwa 500 Seiten starke Gesamtpaket erst am Montag erhalten habe und sich durch den Beschluss, den B2-Tunnel zu bauen und eine Umfahrung zu planen, "einiges geändert hat". Harsche Kritik an der viel zu umfangreichen Tagesordnung kam von Franz Sengl (Grüne): "Was ist das für eine Sitzungsvorbereitung? Erst Tunnel, dann Haushalt - das ist doch völlig illusorisch."

Verärgert nahm John die Vertagung zur Kenntnis - um sich im Anschluss weiterer massiver Kritik ausgesetzt zu sehen: Die "Parteifreien" beantragen eine verbindliche Festlegung von Sitzungszeiten. Anlass dazu ist, dass John Sitzungen kurzfristig verlegt oder ungünstige Zeiten für Berufstätige festgelegt hatte. Die Aussprache offenbarte den ganzen geballten Unmut im Gremium: Kritisiert wurden hoffnungslos überfrachtete Tagesordnungen, zu wenig Ausschuss-Termine, ausufernde Debatten ohne neue Sachverhalte, inkonsequente Sitzungsleitung, Verlesen von Vorlagen, kurzfristig anberaumte informelle Veranstaltungen ohne Rücksprache, lange Redezeiten, keine Besprechungen mit den Fraktionsvorsitzenden und fehlende Transparenz. Die Verwaltung macht sich nun Gedanken zur Geschäftsordnung über zeitliche Beschränkungen der Sitzungen.

© SZ vom 23.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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