Starnberg:1001 Posts des Dr. Thosch

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Der Internet-Blog "Politik-Starnberg.de" von Thorsten Schüler feiert Jubiläum: Binnen 900 Tagen hat er mehr als tausend Beiträge veröffentlicht

Von Peter Haacke, Starnberg

Kommunalpolitik in Starnberg hat sich zu einer viel diskutierten Angelegenheit entwickelt: Das Meinungsbild ist vielfältig und findet seinen Ausdruck unter anderem in der Existenz von mittlerweile neun Gruppierungen, die im Stadtrat um Aufmerksamkeit und den richtigen politischen Kurs in der Kreisstadt ringen. Derzeit scheinen sich die Ereignisse angesichts von Fraktionswechseln, ungeklärten Verkehrsfragen oder neuen Spielregeln für den Stadtrat zu überschlagen, was Thorsten Schüler, alias "Dr. Thosch", nicht unkommentiert lassen kann: Seit Anfang 2014 betreibt er im Internet einen Blog.

Unter der Adresse www.politik-starnberg.de reflektiert er das politische Geschehen und ist damit auch zu einer Art Chronist der Ära von Bürgermeisterin Eva John geworden. Dieses Wochenende blickt er auf 1001 Beiträge - Neudeutsch: Posts - zurück. Binnen 900 Tagen entstand ein virtuelles Spiegelbild vom Mikrokosmos Starnberg, das durchaus seine Fans hat. Insgesamt verzeichnet "Dr. Thosch" mehr als 40 000 Besucher, pro Tag ist die Anzahl auf mittlerweile täglich 70 bis 100 Besucher gewachsen. Monatlicher Höhepunkt aber sind seine Protokolle aus den Sitzungen des Stadtrats, die noch am gleichen Abend online gehen.

Eine der meistgestellten Fragen an Schüler zu den Protokollen lautet: Wie macht Dr. Thosch das eigentlich? Die Antwort ist so simpel wie verblüffend: "Er kann eben sehr schnell schreiben", sagt Schüler. Ein bis zwei Stunden braucht er nach Sitzungsende, um seine teils rudimentären Aufzeichnungen lesbar aufzubereiten. "Und dann ist das Ding raus", sagt er. Dabei hegt Schüler nicht den Anspruch der Vollständigkeit eines Wortprotokolls, sondern bietet vielmehr eine inhaltliche Zusammenfassung. Dabei achtet er peinlich genau auf eine Trennung der konkreten Wiedergabe des Gesagten von seinen persönlichen Anmerkungen.

Mehr als 435 Textbeiträge, 350 Bilder, mehr als 130 kommentierte Links sowie knapp 80 Zitate sind mittlerweile zusammen gekommen, ein wahrer "Schatz an kommunalpolitischen Informationen", schreibt Dr. Thosch. Hinzu kommen Kalender, Stichwortsuche und ein umfangreiches Verzeichnis; parallel erschienen für die Jahre 2014 und 2015 politische Jahrbücher. Dabei geht es Schüler nicht darum, die Leser zu überzeugen: "Der Blog soll als weitere Informationsquelle dienen", sagt er bescheiden. Dabei weiß er, dass "Dr. Thosch" als meinungsbildendes Medium längst "eine gewisse Bedeutung" in der Kreisstadt bekommen hat.

Schüler, ein promovierter Experte für Verkehrsplanung und -steuerung, ist akribischer Fakten-Sammler. Mehr als 30 digitale Quellen - Parteien, Tageszeitungen, die Homepage der Stadt, Bürgerinitiativen und soziale Netzwerke - wertet er nahezu täglich aus. Vor allem die Facebook-Gruppe "Starnberg schafft sich ab" sieht er als gesellschaftspolitisches Stimmungsbarometer. Dabei macht Schüler keinen Hehl aus seinen parteipolitischen Ambitionen für die UWG. "Mit dem aktuellen Zustand bin ich sehr zufrieden", sagt er, "ich genieße die Freiheit, das auch machen zu dürfen." Am nächsten Montag wird er wieder im Stadtrat protokollieren, hat diesmal aber eine Befürchtung: Die Sitzung könnte bis Mitternacht dauern.

© SZ vom 25.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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