Sortieren und zustellen:Drehscheibe der Post

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Im Briefzentrum Schorn bei Starnberg werden seit 20 Jahren jeden Tag eine Million Briefe sortiert. Manchmal sind es auch mehr. Die Sendungen stammen aus den Briefkästen zwischen Mittenwald und Fürstenfeldbruck

Von Otto Fritscher, Starnberg

Es ist erstaunlich ruhig hier in dieser riesigen Halle, die von Förderbändern durchzogen ist, und in der sich auf dem Fußboden und in den Gängen gelbe Plastikkisten stapeln. Manche Behälter sind leer, in anderen befinden sich feinsäuberlich aufgereiht Briefe, ob es Dutzende, Hunderte oder Tausende sind, lässt sich mit einem schnellen, ungeübten Blick nicht feststellen. "Rund eine Million Briefe werden hier im Briefzentrum Schorn täglich sortiert", erklärt Erwin Nier, Post-Pressesprecher in München. Manchmal können es auch eineinhalb Millionen sein. Heute wird hier aber gefeiert. Das Briefzentrum ist im April 1998 in Betrieb gegangen, feiert heuer sein 20-jähriges Bestehen.

Deshalb ist an diesem Abend ein Zelt aufgebaut, in der lauen Luft plauschen der Bundestagsabgeordnete Michael Kießling, die Landtagsabgeordnete Ute Eiling-Hütig, Starnbergs Landrat Karl Roth, Starnbergs stellvertretender Bürgermeister Klaus Rieskamp und der Berger Gemeindechef Rupert Monn angeregt miteinander, aber auch mit Ute Brugger, der Leiterin des Briefzentrums. "Gute Mitarbeiter sind schwer zu finden", sagt sie. Dann folgt die Festansprache unter dem Motto "Der Brief heute und morgen". Landrat Roth bekennt danach, dass er sich "über jeden handgeschriebenen Brief freut" und er auch selber Briefe und Karten schreibt, "und das sind nicht nur Glückwunschkarten".

Sie erfassen und sortieren - die Mitarbeiter im Briefzentrum Schorn. (Foto: Georgine Treybal)

An dem riesigen Gebäude im Gewerbegebiet Schorn, nahe dem Autobahndreieck Starnberg an der A 95, fahren täglich Tausende vorbei - aber kaum einer weiß, dass hier die Drehscheibe der Post für den Einzugsbereich ist, der das gesamte Gebiet umfasst, in dem die Postleitzahlen mit "82xxx" beginnen. Diese Region reicht von Mittenwald an der deutsch-österreichischen Grenze bis ins Fürstenfeldbrucker Land im Norden. Aber auch die südlichen und südöstlichen Vororte von München bis Sauerlach und Taufkirchen sowie die gesamte Region um Starnberger See, Ammersee und der Pfaffenwinkel gehören dazu.

Jeder Brief also, der in einem Briefkasten in diesem Gebiet eingeworfen wird, und jeder Brief, dessen Empfänger hier wohnt, wird also erst mal in Schorn von automatischen Briefsortier-, Anschriftenlese- und Videocodiermaschinen bearbeitet. In den vergangenen 20 Jahren wurden in Schorn 4,5 Milliarden Briefe aus der Region und für die Region bearbeitet. Aneinandergereiht, könnten man so die Welt 23 Mal umrunden. Der gesamte Maschinenpark wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten modernisiert. So schaffen die zwei neuen Maschinen für Standard- und Kompaktbriefe 40 000 Sendungen pro Stunde in einem Arbeitsgang.

Doch trotz aller Technik, unleserliche Anschriften kann oft nur das menschliche Auge noch entziffern, und auch für andere Arbeitsgänge sind in Schorn 200 Mitarbeiter im Drei-Schicht-Betrieb tätig. Richtig los geht es in Schorn gegen 16 Uhr. Dann werden die Briefe und Karten sortiert, die bis spätestens 21.30 Uhr Schorn verlassen müssen, um zu anderen Briefzentren oder auch zum Münchner Flughafen transportiert zu werden. Danach werden die Maschinen auf die sogenannte "Eingangsbearbeitung" umgestellt. Sortiert wird dann die Post, die in der PLZ-Region 82 zugestellt werden soll. Zuerst kommen die regionalen Briefe dran, dann die Sendungen, die aus den 81 anderen Briefzentren Deutschlands in Schorn eintreffen. Sie werden maschinell von Gangsortiermaschinen gleich so in die Reihenfolge gebracht, dass der Zusteller später einfach die Straße entlangfahren kann. Dann werden die Briefe in besagten gelben Behältern zu den Zustellstützpunkten gebracht, wo sie von den Postboten übernommen werden.

Doch der Briefträger kommt nicht mehr immer nur mit dem Fahrrad, so wie man es gewohnt ist, meist ist es schon ein E-Bike oder ein dreirädriges Gefährt mit Elektroantrieb. Der Postbote, der auf der Höhe der Zeit sein will, ist aber in einem Streetscooter unterwegs. Das ist ein - natürlich gelber - Lieferwagen mit E-Antrieb, den die Post selbst baut, in Aachen, und bald auch in Düren, wie Richard Hirschberger, Chef der Brief-Niederlassung Rosenheim, zu der auch Schorn gehört, berichtet. "Die etablierten Autohersteller wollten oder konnten so ein Fahrzeug nicht bauen", sagt Hirschberger stolz. Der Streetscooter ist aber so erfolgreich dass er inzwischen - mit Warteliste - auch an private Firmen verkauft wird.

Es stoßen an: Willi Haas, Michael Kießling, Marcel Nunez,Rupert Monn, Richard Hirschberger, Ute Eiling-Hütig, Klaus Rieskamp, Karl Roth und Ute Brugger (von links). (Foto: Georgine Treybal)

Hirschbergers Mitarbeiter im Bereich der Niederlassung Rosenheim - zu der auch Schorn gehört - sind mit 800 Autos unterwegs - und diese sollen in den nächsten vier Jahren gegen Streetscooter ausgetauscht werden. Eine Besonderheit des Fahrzeugs: Es lässt sich von drei Seiten beladen, und die Reichweite von 100 Kilometern reicht für eine durchschnittliche Zustelltour mit 200 Start-und-Stopp-Manövern lockern. In Schorn sind die Scooter schon im Einsatz, und auch auf dem Hof des Postamts in Starnberg parken sie nach Dienstende in Reih und Glied.

Und wie zuverlässig arbeitet Schorn nun? Eine Frage, die viele Postkunden interessiert. 94 von 100 Briefen erreichen den Empfänger am nächsten Tag - und zwar nicht nur im PLZ-Bereich 82, sondern im ganzen Bundesgebiet, versichert Nier.

© SZ vom 29.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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