Seeshaupt:Kontroversen um Gärtnereiquartier

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Im Seeshaupter Gemeinderat steht am Dienstag die Erschließung auf der Tagesordnung

Von Kia Ahrndsen, Seeshaupt

Blühende Landschaften - die wird es in diesem Sommer wieder in der Gärtnerei von Wolfgang Kopf geben. Ein Baubeginn auf dem Gelände mitten in Seeshaupt scheint noch in weiter Ferne zu liegen, und das nicht nur, weil Kopf seinen Betrieb noch einige Zeit weiter betreiben möchte. Im Ort gibt es teils heftige Kontroversen über das Projekt, mit dem auf dem Gärtnereigelände um die 40 Wohneinheiten entstehen sollen. Größter Streitpunkt ist die Erschließung: Die bisher bekannten Entwürfe sehen die Umwidmung einer bisher privaten Stichstraße vor, außerdem einen Fußweg Richtung Ach, für den eine Grundabtretung nötig wäre.

Bürgermeister Michael Bernwieser (PfB) will sich unter Verweis auf seine in der Gemeindeordnung festgelegte Schweigepflicht über private Grundstücksangelegenheiten nicht äußern. Er verweist auf den neuesten Entwurf für den Rahmenplan des Städteplaners und Regierungsbaumeisters Bernhard Landbrecht für das künftige "Gärtnereiquartier". Das Thema steht jedenfalls in der nächsten Gemeinderatssitzung am 17. April auf der Tagesordnung. Der neue Entwurf sieht - so heißt es - eine neue Lösung für die umstrittene Erschließung vor. Gegen die Umwidmung wehren sich die betroffenen Anlieger. Derzeit wartet der Anwalt der Gemeinde auf eine Antwort vom Anwalt der Anliegerfamilie. Ein Rahmenplan gibt, so hatte Landbrecht bei der Vorstellung des ersten Entwurfs 2017 erläutert, grobe Richtlinien für eine Bebauung vor. Darauf aufbauend kann dann ein Bebauungsplan erstellt werden.

Eigentümerin Katharina Heider betont, ihr sei vor allem daran gelegen, in Seeshaupt erschwinglichen Wohnraum zu schaffen. Sie hat nach eigenen Angaben bereits 60 Interessenten, zur Hälfte Ortsansässige. In dem neuen Wohngebiet sollen sich, so Heiders Vorstellung, Jung und Alt zwanglos begegnen, die Nachbarn umeinander kümmern und Gemeinschaft gelebt werden. Dafür soll es individuelle Freiräume wie Terrasse oder Balkon geben, aber auch gemeinsam genutzte Räume wie einen Veranstaltungsraum mit Festplatz. Die Bewohner sollen, wenn die Kinder aus dem Haus sind, in eine kleinere Wohnung umziehen können, und so langfristig im Quartier bleiben. Wintergärten, gläserne Erker und viele Kräuter, Gemüse- oder Blumenbeete sollen an die Gärtnerei erinnern. Katharina Heider plant, die meisten Häuser zu vermieten und der Spekulation durch eine Erbpacht von 99 Jahren für den Grund buchstäblich den Boden zu entziehen. Sie bedauert, dass die Realisierung so verzögert wird.

Bürgermeister Bernwieser versichert dagegen, die Angelegenheit nicht auf die lange Bank schieben zu wollen. Die Veränderungssperre für das Gebiet, so sagt er, gelte ja nur eine gewisse Zeit und auch Heider habe einen Anspruch auf Entscheidungen. Die Veränderungssperre war vor rund einem Jahr erlassen worden, weil ein Bauantrag für ein Grundstück gestellt wurde, über das, laut Planung, der Fußweg vom Gärtnereigelände zur Baumschulenstraße geschaffen werden soll. Zur entsprechenden Grundabtretung war der Eigentümer allerdings nicht bereit.

Das Baurecht für das Gärtnereigelände ist nach Auffassung des in Seeshaupt wohnenden Rechtsanwalts Michael Böcker dagegen überhaupt nicht gesichert. Er bezweifelt Bürgermeister Bernwiesers Aussage, das 1,5 Hektar große Grundstück sei als Innenbereich zu sehen, für den Baurecht entsprechend der Umgebung gilt. Bernwieser hatte mehrfach geäußert, er sei entsprechend von der Baubehörde im Landratsamt und der obersten Baubehörde in München beraten worden. Seit Monaten fordert Böcker vom Landratsamt Auskunft, ob diese Aussage stimmt - das wird aber unter Verweis auf den Datenschutz bei privaten Grundstücksgeschäften immer wieder abgelehnt oder gar nicht erst beantwortet. Inzwischen hat er in einem Schreiben die Regierung von Oberbayern aufgefordert, die Öffentlichkeit oder wenigstens die Mitglieder des Gemeinderats darüber zu informieren, dass es auf dem Gelände kein Baurecht gebe.

Böcker fordert, die Gemeinde möge "jedenfalls einen Teil des durch die Ausweisung neuen Baurechts eintretenden Millionengewinns" durch Grundabtretungen abschöpfen. Im Schreiben an die Regierung verlangt er, die "Kungelei" des Bürgermeisters mit der Eigentümerin zu beenden, die Gemeinderäte über die nach seiner Ansicht tatsächliche Rechtslage zu informieren und den Abschluss eines entsprechenden städtebaulichen Vertrags vor einer Baurechts-Ausweisung sicherzustellen. Bernwieser versichert, dass ein solcher Vertrag über die Erschließungs- und sonstigen Kosten zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen werde.

© SZ vom 16.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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