Neue Wege:Holzhäuschen für Flüchtlinge

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Seeshaupt will nicht mit anderen Kommunen um mobile Wohncontainer konkurrieren, sondern plant eine Dauerlösung

Von Armin Greune, Seeshaupt

Während anderswo Zeltlager oder seit langem leerstehende Gebäude als Flüchtlingsunterkünfte dienen und sich die Konkurrenz der Kommunen um mobile Wohncontainer täglich verschärft, will Seeshaupt einen neuen Weg einschlagen. "Unsere Absicht ist, Asylbewerber gescheit unterzubringen", sagt Bürgermeister Michael Bernwieser. Statt kurzfristiger Provisorien soll im Dorf eine nachhaltig zu nutzende Lösung geschaffen werden: Angedacht sind schlichte, kompakte, aber robuste Häuschen in Holzständerbauweise mit Satteldächern, die auch die Vorgaben der Energieeinsparverordnung erfüllen. Der Seeshaupter Gemeinderat möchte zudem Spiel- und Freiflächen, Sozial- und Gemeinschaftsräume realisieren lassen.

"Wir wollen würdige Unterkünfte und haben das Glück, ein passendes Grundstück im Ort gefunden zu haben", sagt Bernwieser. Doch genau da liegt der Hund begraben: Das 3428 Quadratmeter große Areal zwischen Bauhof und "Kleinmichel" gehört nicht der Kommune, sondern einem Investor. Und derzeit gehen die Vorstellungen der potenziellen Bauherren und des Gemeinderats über Intensität und Dauer der Nutzung noch weit auseinander. Das leer stehende Grundstück mit Kiesfläche an der Osterseenstraße hat Richard Heckners "Xanthos GmbH" vor drei Jahren erworben. Zunächst war geplant, dort Wohnungen, Praxen und Kleingewerbe unterzubringen, sagt Heckner. Doch dies sei vom Gemeinderat ebenso abgelehnt worden, wie Voranfragen für eine Oldtimerhalle oder ein Hotel mit Mitarbeiterwohnungen. Zuletzt hatte "Xanthos" im September einen 800 Quadratmeter großen Lebensmittel-Vollsortimenter beantragt - auch dieses Vorhaben scheiterte zum wiederholten Mal am Veto des Gremiums. Zur jüngsten Sitzung nun reichte die Firma einen Antrag zum Bau einer Asylbewerberunterkunft für mindestens 120 Personen ein, die an das Landratsamt verpachtet wird und 15 Jahre lang Bestand haben soll.

Heckner sagt, sein Konzept sei zunächst von einem Stahlbetongebäude mit Atrium ausgegangen, das nach Abschluss der Laufzeit entkernt und dann etwa zu einem Hotel umgebaut werden könnte. Bernwieser wiederum hat von vornherein Häuschen in Holzständerbauweise im Auge gehabt. Der Bürgermeister und drei Gemeinderäte waren bereit, die Unterbringung von bis zu 100 Asylbewerbern über zehn Jahre zu akzeptieren. Doch eine Mehrheit votierte nun für einen Vertrag mit Beschränkung auf fünf Jahre Nutzungsdauer und maximal 75 Asylbewerber. Dazu wurde die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beschlossen, der eine Verlängerungsmöglichkeit um weitere fünf Jahre vorsieht: "Eine Laufzeit von generell 15 Jahren kann nicht zugesagt werden", heißt es im Beschluss. Für den Investor sind diese Konditionen nicht akzeptabel - schließlich habe er "eine immense Summe" in den Grundstückskauf gesteckt, sagt Heckner. Dass er und seine Finanzierer für das Kapital auch Ertrag erwarten, sei nur verständlich; gleichzeitig versichert er, "ich bin kein Spekulant, sondern Projektentwickler."

Die Entwicklung dieses Projekts wird auch im Nachbarlandkreis "sehr interessiert verfolgt", sagt Starnbergs Kreisbaumeister Christian Kühnel. Er unterteilt die Flüchtlingsunterbringung in drei Phasen, die man gleichzeitig in Angriff nehmen müsse: Zunächst sind auf zwei Jahre befristete Notunterkünfte in Zelten oder Traglufthallen nötig. Phase zwei umfasst Wohnungen für sechs Personen in Containern, die nach fünf bis sieben Jahren wieder spurlos entfernt werden. Mit der dritten Phase könnten "städtebaulich anspruchsvollere, langfristige Lösungen auch für besser situierten Standorte" verfolgt werden.

Damit ließe sich nur dem "derzeit sehr angespannten Markt" für mobile Wohnmodule begegnen, sagt Kühnel. Eine nachhaltige Bauweise sei wegen der längeren Nutzung auch deutlich kostengünstiger und gäbe anschließend den Kommunen ein Baukastensystem an die Hand, das etwa für die Unterbringung bereits anerkannter Asylbewerber in Frage käme. Doch wären dazu "noch viele Fragen offen", meint der Kreisbaumeister: Der baurechtliche Rahmen, vor allem aber die vergaberechtlichen Richtlinien seien bisher noch ungeklärt.

Und auch in Seeshaupt scheint das Projekt noch nicht in Sicht: Bernwiesers ursprüngliche Hoffnung, bis zum Jahresende schon mit dem Bau beginnen zu können, wird sich sicher nicht erfüllen. Bislang stellt in der reichsten Kommune des Landkreises Weilheim-Schongau nur die evangelische Kirche Flüchtlingsunterkünfte für 30 Personen in sechs Wohnungen bereit.

© SZ vom 12.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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