Seeshaupt:Campen mit Komfort

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Kaum wiederzuerkennen ist der sanierte Platz in Seeshaupt. Die Gemeinde lässt sich den Umbau 2,2 Millionen Euro kosten. Und auch die Urlauber müssen tiefer in die Tasche greifen

Von Christian Deussing und Kia Ahrndsen, Seeshaupt

Der neue Pächter Matthias Lederer kann es kaum erwarten. Auf der Zeltwiese, ein Steinwurf vom Starnberger Seeufer entfernt, sind die Bagger in Kürze verschwunden. In sechs Tagen werden die ersten Urlauber auf den großzügig angelegten 45 "Touristik"-Parzellen ihre Wohnwagen auf dem komplett sanierten Campingplatz in Seeshaupt abstellen. Die Besucher können sich auch für 65 Euro pro Nacht eine der sechs neuen Holzhütten namens "Blomberg" oder "Herzogstand" mit Stockbetten und Kühlschrank mieten. Dauercamper durften bereits ihr Domizil einrichten. "Ich freue mich auf meine Gäste, das Projekt ist eine große Herausforderung", sagt der 30-jährige Betreiber, der mit viel Herzblut und einigen Tausend Arbeitsstunden mitgeholfen hat, die Anlage zu modernisieren.

Die Gemeinde lässt sich ihr "Camping-Seeshaupt" einiges kosten, am Ende wird die Renovierung 2,2 Millionen Euro kosten. Eingeplant waren für den Umbau eigentlich nur eine Millionen Euro, doch die Wegeentwässerung und teuren Auflagen des Wasserwirtschaftsamts und der Naturschutzbehörde ließen die Kosten explodieren. Der Pächter hat nach eigenen Angaben ungefähr 100 000 Euro investiert - etwa in die Wlan-Stationen, Überwachungskameras, in das Café mit Kaufladen und in die Bistroküche mit Terrasse am Strand. Der Komfort ist gestiegen, die Preise mussten deshalb deutlich erhöht werden. Camping sei "längst kein Billigurlaub mehr", vor allem nicht am Starnberger See, betont Lederer bei dem Rundgang über das schön gelegene Areal. Er verweist aber auch darauf, dass sich die Gebühren nun nach den Quadratmetern richteten, was "fairer" sei als zu früheren Zeiten.

Sie haben es sich schon auf dem komplett erneuerten Campingplatz in Seeshaupt als Dauermieter in bester Laune gemütlich gemacht. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Dauercamper - von denen etwa ein Drittel dem Seeshaupter Campingplatz trotz einjähriger Umbaupause und höheren Kosten treu geblieben ist - zahlen jetzt jährlich im Durchschnitt 2400 Euro. Die Flächen für die teilweise acht Meter langen Wohnwagen samt Vorzelt sind zwischen 100 und 175 Quadratmeter groß. Zu den Treuen gehört Hans-Werner Zehrer, der nun pro Jahr 200 Euro mehr bezahlt. Dafür seien die Wege besser, es werde mehr geboten, sagt der Diplom-Ingenieur. Das sieht auch Rainer Zimmermann so und freut sich: "Endlich ist die Anlage wieder nur für Urlaubsgäste da." Der Pächter steht neben dem Dauercamper und erläutert, dass künftig keine Monteure, Händler oder sonstige "Gewerbetreibende" auf dem Campingplatz mehr übernachten dürfen.

Ohnehin will Lederer, der vorher nebenberuflich auf dem Königsdorfer Campingplatz mithalf, auf die Hausordnung und Ruhezeiten genau achten. Denn die Gäste sollten sich erholen und "möglichst wiederkommen". Erholen tun sich bereits Stefanie und Hansi Hahndel, die ebenfalls ganzjährig eine Parzelle gepachtet haben. Sie begrüßen die Renovierung, die bessere Sicherheit durch Videokameras und das "nun alles schön sauber" sei. Das Ehepaar aus München glaubt, dass der engagierte Pächter mit seiner tüchtigen Partnerin "alles im Griff" habe. Nebenan sitzen vier weitere Dauercamper, darunter Ingrid Remer, die hinzugezogen ist. Sie fährt jetzt lieber nach Seeshaupt als nach Kroatien.

Matthias Lederer ist der neue Pächter des Campingplatzes. Der 30-Jährige bietet in seinem Laden auch den Seeshauptern Sonntags Grillwürstchen an. (Foto: Franz-Xaver Fuchs)

Natürlich wird die Gemeinde beobachten, wie es auf dem neuen Campingplatz läuft, der am 16. Juli offiziell eingeweiht wird. Denn viele Dauercamper hatten den Umbau abgelehnt und waren über die Kündigungen erbost. Sie wollten, dass das Areal nicht seinen "naturnahen Charme verliert". Zudem ärgerten sie sich über die "Luxussanierung" und drohenden Preiserhöhungen. Aber der Pächter muss in den ersten Jahren hart kalkulieren.

Zuerst waren die Kosten für den Umbau auf 660 000 Euro geschätzt worden, später lagen sie schon bei 1,6 Millionen Euro. Ein erster Nachtrag von 84 000 Euro reichte nicht aus, der Gemeinderat musste noch einmal 200 000 Euro nachschießen. Allerdings werde sich der Kämmerer rund 300 000 Euro an gezahlter Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückholen, kündigt Bürgermeister Michael Bernwieser (PfB) an. Fritz Egold (SPD) wiederum regt an, eine Haftung des Planers zu prüfen, da es bei rechtzeitiger Ausschreibung bessere Preise gegeben hätte.

© SZ vom 12.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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