Seeshaupt:Bilder der Hoffnung

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Der Maler Iring de Brauw zeigt in seiner Seeshaupter Ausstellung "Fadenspiele" Kathedralen und reitende Krieger. Gitterartige Strukturen simulieren dabei Raum und Schatten

Von Katja Sebald, Seeshaupt

"Fadenspiele" heißt die aktuelle Ausstellung von Iring de Brauw in Seeshaupt. Wie dieser Titel zu verstehen ist, das zeigt der Künstler mit einem großen Drahtobjekt im Foyer der Seeresidenz: Es stellt eine mächtig ausladende Schiffsform dar, die jedoch zugleich filigran und transparent wirkt, wie mit einem Faden in den Raum gedacht: die aus Draht geformte, gleichsam körperlose Idee eines Schiffs. Der Rest der Ausstellung ist die Fortsetzung der Idee einer körperlosen Form auf der Leinwand und auf Papier.

Der fast achtzigjährige Iring de Brauw zeigt in Seeshaupt ein kraftvolles Alterswerk, in dem er sich praktisch auf dieses eine Thema fokussiert und es mit einigen wenigen Motiven wie Schiffen und "Kirchenschiffen", Kathedralen, Kriegern und Kamelen immer wieder variiert. Der Maler und Bildhauer, der 1938 in Ambach geboren wurde, emigrierte 1939 mit seinen Eltern nach Holland, der Heimat des Vaters. Nach einigen Umwegen - Ausbildungen unter anderem an der Meyerschen Hofkunstanstalt für Glasgestaltung in München, einem Kunststudium in Stuttgart und München und beruflicher Tätigkeit mit Schwerpunkt auf Glasmalerei - kehrte er Mitte der Achtzigerjahre in sein Geburtshaus am Starnberger See zurück. Seither ist er im künstlerischen Leben der Region präsent, auch in Seeshaupt waren seine Arbeiten in den vergangenen Jahren öfters zu sehen.

Mit seinen zweidimensionalen "Fadenspielen" bewegt sich Iring de Brauw zwischen Figuration und Abstraktion, zwischen einer beinahe freundlich illustrativen und einer in höchstem Maß sperrigen Malerei. Die als Werkschau angelegte Ausstellung lässt sich in drei verschiedene Bereiche unterteilen: Da sind zum einen die Kathedralen, die er mit schwarzen Linien auf weißer Leinwand entwirft. Dabei entsteht die räumliche Suggestion allein durch die gitterartigen Strukturen, aber nicht in der Art einer technischen Konstruktionszeichnung, sondern wie mit kurzen, zögerlichen Pinselstrichen skizziert. Neben den Kathedralen entstehen so auch Mischwesen aus Schiff und Kirche, "Kirchenschiffe", wenn man so will. Die eine Form erwächst dabei aus der anderen, die Grenzen sind fließend, hoch Aufragendes verbindet sich mit dynamisch Bewegtem: "Kogge transportiert Gotik" heißt eines dieser Bilder.

Die zweite Werkgruppe beschäftigt sich mit den Schatten, die solche "körperlosen Körper" werfen könnten: Hier kommen nun zur Gitterstruktur glatte Flächen, eine Blaue für den Himmel, eine weiße für die Sonnenseite und eine schwarze für die Schattenseite eines Berggipfels. Darüber fliegt nun beispielsweise ein aus einem Liniengitter bestehender Vogel, der einen aus einem weiteren Liniengitter bestehenden Schatten wirft. Auch hier werden Grenzen überschritten, gibt es keine klare Unterscheidung mehr zwischen der einen und der anderen Form. Auch die Pyramiden sind stark vereinfachte Konturen aus Licht und Schatten, die Kamele vor diesen Pyramiden kommen nun ganz ohne den schattenwerfenden Körper aus, sie werden zur Idee eines Kamelschattens, lösen sich in der Fläche auf. Einige Bilder aus dieser Gruppe verweisen mit ihren Titeln auf mythologische Themen, es gibt beispielsweise eine "Hommage an Ikarus".

Die dritte Gruppe beschäftigt sich mit reitenden Kriegern. Ganze Heerscharen von Reitern in Rüstungen und Pferden im Streitmantel werden hier gleichsam zu Ornamenten verwoben und in größere Bildzusammenhänge eingeflochten. In dem großformatigen Bild "Umbruch in Nahost" im Eingangsbereich ist der Körper einer Stillenden über und über mit solchen Ornamenten überzogen.

Der Künstler will sie als Sinnbild für Frieden, Freiheit und Hoffnung verstanden wissen.

Die Ausstellung "Fadenspiele" von Iring de Brauw ist noch bis zum 29. Mai 2016 in der Seeresidenz "Alte Post" in Seeshaupt zu sehen.

© SZ vom 02.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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