Tierschutz:Rohranschluss für den Biberbau

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Helfer des Bundes Naturschutz verlegen ein Rohr in den Biberdamm am Aubach. Es soll als Drainage dienen und den Wasserstand des Bachs absenken. (Foto: Bund Naturschutz)

Das Nagetier staut den Aubach so sehr auf, dass der benachbarte Acker und der Spazierweg überflutet werden. Eine Drainage soll das nun verhindern. Ist das Projekt erfolgreich, könnte es im Landkreis Schule machen.

Von Patrizia Steipe, Seefeld

Der Ratschlag mit den Gummistiefeln hat seine Berechtigung. Der schmale Pfad durch den Auwald des unteren Aubachtals wird immer wieder von Pfützen unterbrochen. Teilweise sinkt man bis zu den Knöcheln in die schwarze Moorerde. Dornige Ranken, Brennnesseln und spitze Zweige erschweren das Durchkommen. Ein vermodernder Baum liegt quer über dem Trampelpfad, man muss unter den dicken Ästen durchkriechen. Die Biberburg am Aubach zwischen Eichenallee und Seefelder Straße liegt gut versteckt inmitten der wilden Natur. Freiwillig zwängt sich wohl keiner durch das Dickicht, um den kunstvoll aus Zweigen errichteten Hügel aufzusuchen.

Dass sich an diesem Tag gleich mehrere Menschen in das Revier des Castors - wie der Biber lateinisch genannt wird - begeben, hat einen Grund. Der Bund Naturschutz (BN) verlegt mit Unterstützung der Gemeinde mehrere Rohre als Drainagen in den Biberdämmen. Das Tier staut nämlich seit einiger Zeit das Wasser so hoch auf, dass der benachbarte Acker und der Spazierweg auf der anderen Seite des Aubachs überflutet werden.

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Die Drainagerohre sollen den Wasserstand absenken. Dabei soll der Eingang des Biberdamms trotzdem dauerhaft unter Wasser bleiben - so ist es gesetzlich vorgeschrieben. Damit der Biber die Rohre nicht wieder zustopft, werden sie mit Drahtkäfigen gesichert. Es ist die erste Maßnahme dieser Art im Landkreis, erklärt der hiesige Biberberater Robert Weiß, der mit seinem Kollegen Jürgen Slawisch und dem Biberbeauftragten für Südbayern, Gerhard Schwab, dabei ist. "Durch den Biber leben im Aubachtal wieder verstärkt Rote-Liste-Arten, die von einem höheren Wasserstand abhängig sind. Allerdings muss es ein Auskommen geben mit der Landwirtschaft. Wir müssen beides vereinen", meint Constanze Gentz, Vorsitzende der Seefelder BN-Ortsgruppe. Am Schluss sollen alle zufrieden sein: Landwirte, Naturschützer, Biber.

Dann steigen Ortwin Gentz und seine Helfer in den hüfthohen Bach. Sie haben Fischerhosen und Gummistiefel an. Zunächst reißen sie Zweige aus dem Biberdamm. Es ist schwieriger als gedacht, die fünf Meter langen Röhren mit einem Durchmesser von etwa 40 Zentimetern in den Damm hineinzuschieben und zu befestigen. Der Gitterkorb konnte an diesem Tag nicht mehr angebracht werden. Regen und Kälte haben die Arbeiten unmöglich gemacht.

Anfang des 19. Jahrhunderts war der Biber in Bayern ausgerottet. In den 1960er Jahre hat der Bund Naturschutz mit der Wiederansiedlung begonnen. Als er Anfang der 1990er Jahre angefangen hatte, gab es bayernweit gerade einmal 1000 Biber, sagt Berater Schwab. "Heute sind es flächendeckend in Bayern etwa 25 000", schätzt er. Am Aubach gibt es seit 20 Jahren wieder Biber. Auch wenn die Anzahl im Landkreis steigt, kann von einer Überpopulation keine Rede sein. "Die Tiere regeln sich durch ihr Reviersystem selbst", erklärt Schwab. Findet ein junger Biber keinen Platz, um sich einen Unterschlupf zu bauen, stirbt er spätestens im Winter.

Biberberater Robert Weiß ist an der Aktion am Aubach beteiligt. (Foto: Patrizia Steipe)

Der Biber ist Veganer. Um an junge Rinde zu kommen, nagt er gleich den ganzen Baum um - und macht sich damit keine Freunde. Dabei können die Fällarbeiten des Bibers auch Gutes bewirken. So habe in der Gemeinde Winzer bei Deggendorf ein Biberdamm ein Hochwasserrückhaltebecken ersetzen können, "und zwar völlig kostenlos", versichert Schwab. Helene Falk, Kreisgeschäftsführerin des Bunds Naturschutz, würde am liebsten gar nicht in das Revier des Bibers eingreifen. "Er leistet wertvolle Biotoparbeit. Das hätten wir alleine gar nicht geschafft", sagt sie. Durch die Anhebung des Wasserstands wurden trocken gefallene Moorflächen wiedervernässt. "Das hat Amphibien, Fische, Libellen und viele Insekten angezogen. Vögel wie die Bekassine haben sich angesiedelt und Fledermäuse", erklärt sie.

Wenn das Drainagen-Projekt erfolgreich ist, könnte es als Vorbild für andere Problemreviere dienen - etwa am Weßlinger See. Dort ist vor wenigen Tagen ein neues Revier entdeckt worden, berichtet Biberberater Slawisch. Damit ist wohl ein früherer Seebewohner zurück gekehrt. Auf einer alten Flurkarte von 1910 hat Heimatforscher Erich Rüba den Namen "Biberholz" entdeckt. "Die Flurnamen entstanden im Laufe der Jahrhunderte nach besonderen Begebenheiten. Anzunehmen ist, dass bereits einmal Biber am Weßlinger See vorhanden waren."

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