Schondorf:Ein Sportwagen-Fan geht - eine Radlerin kommt

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Ralf Müller verlässt nach 37 Jahren die Stelle als Geschäftsführer im Rathaus. Nachfolgerin ist Sandra Meissner

Von Armin Greune, Schondorf

Beide führen neben ihren Rathausjobs noch eigene juristische Kanzleien, beide bekennen sich zu einer konservativen politischen Partei. Ansonsten aber findet man zunächst wenig Gemeinsamkeiten zwischen Sandra Meissner, der neuen Geschäftsleiterin der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Schondorf und ihrem Vorgänger Ralf Müller. Er hat diese Funktion im Rathaus vor fast genau 37 Jahren direkt nach dem Studium übernommen: "Von Anfang an als Chef", obwohl es Müllers erste Stelle in einer Kommunalverwaltung war.

Seine Nachfolgerin ist gerade von einem Chefsessel in den nächsten gewechselt: Sandra Meissner war bis zur jüngsten Kommunalwahl sechs Jahre lang Bürgermeisterin in ihrer Heimatgemeinde Kottgeisering. Private Gründe hätten sie veranlasst, dieses Ehrenamt abzugeben und sich den Freien Wählern anzuschließen. Für die hatte sie heuer erfolglos als Landrätin kandiert, wurde aber wieder für die Freien Wähler in den Kreistag Fürstenfeldbruck und in den Gemeinderat Kottgeisering gewählt. Sechs Jahre zuvor war sie für die örtliche Wählergemeinschaft angetreten.

Ihre ruhige, zurückhaltende Art kontrastiert mit dem lebhaften Auftreten des eher extrovertierten Unterfranken Müller. Offen geht er auf alle Fragen ein und erzählt, wie er am 1. Dezember 1983 in das seinerzeit sechsköpfige Schondorfer Rathausteam eintrat; heute zählt die Verwaltung 29 Mitarbeiter. "Als ich angefangen habe, waren beispielsweise noch alle vom Hausmeister bis zum Bürgermeister damit beschäftigt, Wahlbenachrichtigungen von Hand abzutrennen und zu kuvertieren," sagt Müller. Eine Begründung zum Bebauungsplan umfasste seinerzeit drei bis vier Seiten; heute seien es zwischen 16 und 70.

Unter vier Bürgermeistern hat Müller in Schondorf gedient: Alois Metzger (CSU, bis 1990), dem im Amt gestorbenen Gerd Hoffmann (Freie Wählergemeinschaft, 1990 bis 2006), Peter Wittmaack (SPD, 2006 bis 2014) und seitdem Alexander Herrmann (Grüne). Dazu kommen in der Verwaltungsgemeinschaft noch vier Geltendorfer und drei Echinger Rathauschefs. "Es hängt immer am jeweiligen Bürgermeister, wie viele Aufgaben für den Geschäftsleiter anfallen", hat Müller erfahren, der seit langem CSU-Mitglied ist.

Apropos Bürgermeister: 2014 habe er von allen Schondorfer Parteien und Gruppierungen Anfragen erhalten, ob er für eine Kandidatur zur Verfügung stehe, was Müller aber ablehnte, auch weil er seine genehmigten Nebentätigkeiten nicht aufgeben wollte. "Die sind notwendig, um in dieser Landschaft leben zu können", meint der Vater einer Tochter, der in Greifenberg im Eigenheim lebt.

Müller unterrichtet Baurecht als Dozent an der Uni und hat eine Kanzlei für Stadtplanung und Baurecht. Der will er wieder mehr Aufmerksamkeit widmen, wenn er voraussichtlich Anfang April die Altersteilzeit antritt. Unter anderem vertritt er die Bürgervereinigung Aubing im Streit mit der Stadt München um ein Verkehrskonzept für das Neubaugebiet Freiham.

Meissner hat vier Töchter daheim in Kottgeisering. Die frühere Tätigkeit als Bürgermeisterin empfinde sie als "optimale Vorbereitung" für die Geschäftsleitung in Schondorf: "Es macht mir Spaß, in Kommunalverwaltungen mit immer neuen Themen und Herausforderungen konfrontiert zu werden." Dabei sei auch ihre Ausbildung als Industrie-Kauffrau nach dem Abitur hilfreich gewesen, schon wegen der buchhalterischen Grundkenntnisse. Meissner hat in München Jura studiert und kann beide Staatsexamen vorweisen. Bislang hat die 51-Jährige als selbständige Anwältin gearbeitet, ihre Kanzlei ist auf Erb- und Familienrecht spezialisiert. Mit dem Antritt des neuen Jobs in Schondorf ruht jetzt diese Tätigkeit: "Ich will erst einmal hier ankommen und mit voller Kraft für die neuen Aufgaben zur Verfügung stehen". In Schondorf fühle sie sich mittlerweile "gut angekommen", sie hat sich auch bereits allen drei VG-Gemeinderäten vorgestellt. Dass ihr Müller in den ersten sechs Monaten noch beratend zur Seite steht, findet sie "perfekt: Wir verstehen uns sehr gut."

Ein knappes Dutzend Bewerbungen waren auf die Ausschreibung der Stelle eingegangen. Für Meissner war Schondorf aus zwei Gründen besonders attraktiv: Zum Einen weil die Struktur der VG der von Grafrath ähnelt, zu der Kottgeisering gehört. Aber auch, weil sie das Nordufer des Ammersees als Naherholungsgebiet schätzt, das sie oft für Familienausflüge aufsucht. Müller hingegen war vor fast vier Jahrzehnten zufällig auf Schondorf aufmerksam geworden, als er bei einem Kurs an der Verwaltungsschule in Holzhausen von der Ausschreibung der Geschäftsleitung erfuhr. Bis dato hatte er genau zwei Tage im öffentlichen Dienst bei der Regierung von Unterfranken hinter sich, deshalb kommen ihm auch der Dienst bei der Bundeswehr und das Studium bei der Berechnung der Altersteilzeit zugute.

"Es gab nicht einen einzigen Arbeitstag, an dem ich mit Widerwillen oder einer ablehnenden Haltung ins Büro gegangen bin", sagt der scheidende Schondorfer Geschäftsleiter. Er freue sich aber auch auf mehr Freizeit zum Lesen und für seine übrigen Hobbys, wie etwa schnelle Autos. Sein eigenes, ein Dodge Viper, dürfte der Sportwagen mit dem größten Motor sein: "Zehn Zylinder, 8,3 Liter Hubraum - da dürfen sie gern drüber schreiben, es weiß eh fast jeder", sagt Müller. Seine Nachfolgerin lächelt milde. Sie erzählt, dass sie vom Frühjahr an möglichst oft mit dem Rad von daheim ins Rathaus kommen will. Die zehn Kilometer lange Strecke führt durch reizvolle Landschaft am Ampermoos und Ammerseeufer entlang.

© SZ vom 30.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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