Schlossfest in Starnberg:Blick ins Mittelalter

Lesezeit: 2 min

Das Spektakel erweist sich in diesem Jahr nicht gerade als Publikumsmagnet. Brütende Hitze, aber wohl auch mangelnde Werbung vereiteln zum Kummer der Aussteller einen größeren Zuspruch. Höhepunkt der Veranstaltung ist die Flugshow der Greifvögel

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Bruno sitzt auf der Mauer im Starnberger Schlossgarten. Der Steinadler zeigt keine Scheu vor den Zuschauern bei der Flugvorführung auf dem Schlossfest, das am Wochenende in Starnberg stattgefunden hat. Der Adler soll einen Fuchspelz jagen, den ihm Falkner Paul Klima als Beute anbietet. Für Bruno keine leichte Aufgabe, weil es im Schlossgarten eigentlich zu eng ist für einen Vogel mit einer Flügelspannweite von immerhin zwei Metern. Schließlich ist das deutsche Wappentier die Weiten über den Alpen gewohnt. Nun sitzt Bruno entspannt auf dem Treppengeländer zur Aussichtsplattform und beobachtet leicht gelangweilt, wie der Falkner den Fuchspelz über den Rasen zieht. Erst als der Trainer ihn mit Rufen lockt, breitet Bruno seine beeindruckenden Flügel aus und fliegt die wenigen Meter zu seiner Beute, die er aber sofort loslässt, als ihm der Falkner ein "Leckerli" anbietet.

"Greifvögel lassen sich nicht zähmen", sagt Klima. Man könne sie lediglich an Menschen gewöhnen. Und daher könne es durchaus sein, dass der Vogel während einer Vorführung zum nächsten Baum fliegt, anstatt zurückzukommen. So hat es der Wüstenbussard "Picasso" bei seinem ersten Auftritt vor wenigen Stunden gemacht. Aber durch den GPS-Sender weiß der Falkner immer genau, wo seine Tiere sind. Zudem lässt die Aussicht auf eine Mahlzeit die Vögel immer wieder zurückkommen.

Bruno war sicherlich eines der am meisten fotografierten Motive auf dem Renaissancefest vor dem Starnberger Schloss. Sogar gezeichnet wurde er von einer Künstlerin, die konzentriert in der brütenden Hitze stand. Die Flugvorführungen der Greifvögel sind jedes Mal das Highlight der beliebten Veranstaltung, die alle zwei Jahre stattfindet. An diesem Samstag allerdings kamen nur relativ wenige Besucher, und die Aussteller, die hier ihre mittelalterliche Handwerkskunst vorführten, zeigten sich enttäuscht.

"Mit der Werbung hapert es ein bisschen", sagt Lirenmacher Fritz Hirsch. Der Holzdrechsler ist schon mehrmals zum Schlossfest gekommen ist. Er stellt Drehleiern her und historische Werkzeuge. Netzmacherin Inge Exner häkelt an einem eleganten Haarnetz nach altem Vorbild. Sie waren im Mittelalter üblich, erklärt sie. Aber auch Kaiserin Sissi, Österreichs unglückliche Monarchin, habe sie zur Abendkleidung getragen. Mehr als eine Woche braucht Exner für ein Haarnetz, das heute noch zu mittelalterlicher Kleidung oder zur Tracht getragen wird. Der Stand der Bogenschützen ist dagegen verwaist. Das Schild "Wir machen Pause" steht schon länger da. Aus Sicherheitsgründen liegt der Stand etwas abseits, und daher finden wohl nicht genug Interessenten den Weg.

Essen und Trinken indes geht immer. Die Ritterspieße der Perchalla finden reißenden Absatz, auch die Handwerkerstände entlang der Schlossbergstraße sind gut besucht. Schmied Franz Meister hat wohl den schwersten Job an diesem Nachmittag. Die Temperaturen am offenen Feuer sind nur schwer auszuhalten. Fasziniert stehen Kinder vor der meterlangen Vorrichtung, an der Seile hergestellt werden. Hier werden noch Dinge aus den Naturfasern Hanf oder Jute verarbeitet, die heute normalerweise aus Kunststoff hergestellt werden, wie Kinderschaukeln, Spielzeuge für Hunde und Katzen oder Türstopper. Ute Krolik fertigt gerade ein Springseil, ein Kind darf dabei helfen. Die Besucher sind begeistert: Immerhin hatten sie Gelegenheit einen Blick in die Vergangenheit zu werfen, als Edelleute ihre Feste im Schloss feierten.

© SZ vom 08.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: