Satzung:Starnberg gegen Bayern

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Baustellen prägen derzeit das Starnberger Stadtbild - hier der "Seufzerberg" an der Bahnhofstraße. Den Umbau bezahlt die Stadt. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der Stadtrat debattiert am Montag ein weiteres Mal über die Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung. Das Landratsamt hält den Beschluss für rechtswidrig, Bürgermeisterin John will gegen den Freistaat klagen

Von Peter Haacke, Starnberg

Starnberg gegen Bayern: Das wäre in der wunderbaren Welt des Fußballs eine Paarung, die wohl Tausende sportbegeisterter Fans auf den Plan rufen würde, obwohl das Ergebnis aller Wahrscheinlichkeit nach kaum Überraschungen bieten dürfte: Die Starnberger "Seelöwen" aus der Kreisklasse hätten gegen den Rekordmeister aus München nicht den Hauch einer Chance. Wesentlich spannender ist da eine Auseinandersetzung auf politischer Ebene, die nicht weniger Strahlkraft hat, korrekterweise aber "Starnberg gegen den Rest von Bayern" heißen müsste: Der Stadtrat wird am Montag, 26. Oktober (18.30 Uhr, Schlossberghalle), darüber entscheiden, ob die Stadt wegen ihrer strittigen Aufhebung der städtischen Straßenausbaubeitragssatzung gegen den Freistaat klagen will. Das Ergebnis der Debatte im 30-köpfigen Gremium unter Leitung von Bürgermeisterin Eva John wird auch außerhalb der Stadtgrenzen vermutlich mit höchstem Interesse registriert werden.

John hatte in der stadtratlosen Zeit im Vorfeld der Stadtratsneuwahlen einen vermeintlichen Coup gelandet: Völlig überraschend verkündete die allein regierende Bürgermeisterin vier Wochen vor den Wahlen die Aufhebung der städtischen Straßenausbaubeitragssatzung zum 1. April 2015. Viele Immobilien- und Grundstücksbesitzer hatten daraufhin die Hoffnung, nicht mehr, wie bisher, bei diversen Straßenausbauprojekten zur Kasse gebeten zu werden. Doch die Kommunale Rechtsaufsicht am Starnberger Landratsamt meldete umgehend Widerspruch an: Der Aufhebungsbescheid zur Satzung sei rechtswidrig, hieß es - insbesondere deshalb, weil die Stadt Starnberg auch perspektivisch keine "herausragende Finanzlage" vorweisen könne.

Gleichwohl verweigerte der Stadtrat im Juni mehrheitlich mit Stimmen von WPS, BMS, BLS und FDP die Wiedereinführung der Ausbausatzung. Das Landratsamt übersandte daraufhin im Oktober erneut einen Bescheid mit der Forderung, den rechtswidrigen Beschluss umgehend aufzuheben. Dagegen will die Stadt klagen.

Wie die Angelegenheit ausgehen wird, ist unklar. Experten aber halten eine Klage Starnbergs vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht für aussichtslos; erst im Vorjahr war eine Kommune an gleicher Stelle mit dem gleichen Anliegen gescheitert. Rechtsanwalt und UWG-Stadtrat Patrick Janik (UWG) bezweifelt gar, ob die Bürgermeisterin in dieser Sache qualifizierte rechtliche Beratung eingeholt hat. Er hält eine Klage der Stadt gegen den ausführlich begründeten Bescheid des Landratsamtes angesichts der Gesetzeslage für "aussichtslose Geldverschwendung". Wichtig wäre seiner Ansicht nach "eine fachlich fundierte Bewertung der Erfolgsaussichten" und hält es für unseriös, dem Stadtrat eine Entscheidung über eine Klageerhebung vorzulegen, ohne zuvor über die Erfolgsaussichten informieren. Ähnlich sieht das Stefan Frey (CSU): Zwar seien Entlastungen für die Bürger wünschenswert, doch angesichts eindeutiger Gesetzeslage und leerer Kassen sei eine Klage nur eine sinnlose Verschwendung von Zeit und Geld.

Derweil hat die Anzahl der Baustellen in der Stadt seit dem Frühjahr drastisch zugenommen. Wer nun zahlen muss oder nicht, ist allerdings völlig unklar. Potenziell Betroffene sollten daher vorab klären, ob sie im Nachhinein nicht doch möglicherweise zur Kasse gebeten werden könnten, falls Starnberg den angestrebten Prozess verliert. Die Wahrscheinlichkeit, dass Starnberg vorm Verwaltungsgericht Recht bekommt, dürfte ähnlich hoch sein wie ein Sieg der FT 09 Starnberg über die Profis des FC Bayern München.

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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