Luftfahrtbranche:Technologiekonzern übernimmt Ruag-Sparte

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In einer Halle in Oberpfaffenhofen warten Ruag-Mitarbeiter ein Bombardier-Flugzeug. Diesen Bereich übernimmt General Atomics. (Foto: Ruag International)

Dresdner Unternehmen "General Atomics Europe" kauft Geschäftsbereich in Oberpfaffenhofen und übernimmt alle 450 Mitarbeiter.

Von Michael Berzl, Weßling/Dresden

Das Bangen über ihre berufliche Zukunft hat für etwa 450 Ruag-Mitarbeiter in Oberpfaffenhofen vorerst ein Ende. Von dem Schweizer Technologiekonzern will "General Atomics Europe" aus Dresden einen Geschäftsbereich mit Wartung, Reparatur und Betrieb von Geschäftsflugzeugen und Militärhubschraubern übernehmen, zu dem auch die Produktion des Flugzeugs Dornier 228 gehört. Wie der Konzern am Freitag mitteilte, übernehme der neue Eigentümer alle Mitarbeiter. Für die Gewerkschaft IG Metall ist das eine ausgesprochen positive Entwicklung. "Wir begrüßen das ausdrücklich. Ausnahmsweise haben wir an so einem Verkauf überhaupt keine Kritik", sagte der Bevollmächtigte Roberto Armellini. In der Belegschaft habe es eine große Unsicherheit gegeben, wie es weitergeht.

Ganz unter Dach und Fach ist dieser Verkauf aber noch nicht. Die Übernahme steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch das Kartellamt. Mit dem Vollzug der Eigentumsübertragung sei aber noch in diesem Jahr zu rechnen, heißt es in einer Mitteilung. Über den Kaufpreis vereinbarten die beiden Seiten Stillschweigen.

Hintergrund des Verkaufs ist die vom Schweizer Bundesrat beschlossene Entflechtung und Aufspaltung der einst komplett staatlich kontrollieren "Rüstungsunternehmen-Aktiengesellschaft" (Ruag), die zunächst vor allem für die Versorgung der Schweizer Armee zuständig war. Seit Monaten wurde verhandelt. Involviert war dabei auch Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert.

Der Verkauf an den Dresdner Konzern ist aus Sicht der Gewerkschaft vor allem deshalb zu begrüßen, weil es sich um einen "strategischen Käufer" handle, der alle Bereiche und Mitarbeiter übernehme. Es sei auch zu befürchten gewesen, dass ein Interessent zum Zuge kommt, der nur Teile übernehmen wolle, die Wartung von Business-Jets etwa oder die Helikopter oder den Bau der DO 228. Nun seien die Mitarbeiter erleichtert. Es sei eine "Mannschaft, die schon einiges erlebt hat", unter anderem die Insolvenz des früheren Eigentümers Dornier.

Der künftige Eigentümer blickt mit Zuversicht in die Zukunft. "Wir sind vom großen Potenzial dieses Unternehmens und seiner Mitarbeiter überzeugt und wollen Oberpfaffenhofen perspektivisch zum europäischen Luftfahrtkern der General Atomics Europe Gruppe weiterentwickeln", kündigt Geschäftsführer Harald Robl an. Felix Ammann, Geschäftsführer der Ruag Aerospace Services, erklärt, es sei ein Partner gefunden worden, "der beste Voraussetzungen mitbringt, die Geschäftstätigkeiten am Sonderflughafen Oberpfaffenhofen erfolgreich weiterzuführen." Die General Atomics Europe mit Hauptsitz in Dresden ist nach eigenen Angaben ein mittelständisch geprägtes Dienstleistungs- und Beratungsunternehmen, das bisher Beteiligungen an acht Tochterfirmen mit insgesamt etwa 600 Mitarbeitern hält. Auch die Produktion des kleinen Propellerflugzeugs, das der Ruag mehr Sorgen als Gewinne eingebracht hat, soll offenbar beibehalten werden. "Unser Zukunftskonzept sieht die Fortführung der bestehenden Geschäfte am Standort vor. Dies schließt die Produktion und Wartung der Do 228 selbstverständlich ein", stellt Stefan Klein klar, der Leiter der strategischen Geschäftsentwicklung bei der General Atomics Europe GmbH. Zu Details werde er sich allerdings erst nach dem vertraglichen Closing äußern. Weltweit sind nach Angaben der Ruag etwa 130 dieser Flugzeuge in Betrieb.

Eine weitere Ruag-Sparte am Sonderflughafen, der Bau von Rumpfteilen für den Airbus, bleibt von der Übernahme unberührt. In dem Segment Aerostructures am Standort Oberpfaffenhofen arbeiten nach Angaben der Ruag-Sprecherin Ann-Kristin Koch 800 Beschäftigte. Auch dort kämpft man mit den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise für die Luftfahrtbranche.

Die Phase der Kurzarbeit ist zwar seit Oktober wieder vorbei. Die Strategie, den Standort personell auszubauen, werde aber aktuell nicht weiter verfolgt. "Wir planen derzeit keinen Stellenabbau, sondern versuchen die Umsatzrückgänge durch verschiedene Maßnahmen aufzufangen", erklärt die Sprecherin. So würden etwa befristete Verträge nicht verlängert.

© SZ vom 17.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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