Prozess:Nachbarstreit eskaliert

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Seefelder steht wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht

Von Christian Deussing, Seefeld

Ein jahrelanger Streit um laute Rollos in der Nacht, Gepolter in der Wohnung und angebliche Schallwellen ist zwischen zwei Nachbarn in einem Seefelder Mehrfamilienhaus eskaliert. Dabei soll ein 51-jähriger Konstrukteur im vorigen Jahr die 65-jährige Nachbarin vor dem Anwesen beschimpft, mit der rechten Faust zu Boden gestreckt und sie dann mit seiner Unterschenkel-Prothese gegen den Kopf getreten zu haben. Die Frau erlitt bei den Attacken der Anklage zufolge einen Schädelbasisbruch und eine Quetschwunde. Der Mann, der während der Tat 1,6 Promille im Blut hatte, musste sich am Mittwoch vor dem Amtsgericht Starnberg wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten.

Der bisher unbescholtene Seefelder gab zu, der Frau dreimal mit der Faust ins Gesicht geschlagen zu haben "bis es krachte". Der Angeklagte versicherte aber, nicht mit der Prothese zugetreten zu haben. Er versuchte im Prozess zu erklären, warum es in der Oktobernacht zu dem Gewaltausbruch gekommen ist. Er habe nach einem Kegelabend mit Freibier auf seiner Terrasse noch eine Zigarette geraucht, die Nachbarin erblickt und sie wegen der ständigen Ruhestörungen und ihrer Anschuldigungen beschimpft. Als sie sich umgedreht und ihm gesagt habe, "nicht damit aufzuhören", habe er ihr "eine reingehauen". Alles wisse er nicht mehr genau. "Es war Scheiße, was passiert ist, aber sie hat mich ohne Ende beschuldigt, Lärm zu machen." Dabei geht es auch in einem Zivilprozess um die Schallwellen, die aber ein Gutachter nicht belegen konnte.

Auch das Opfer sagte aus. Er habe sie in der Nacht als "Drecksau" beschimpft, niedergeschlagen und mehrfach getreten. "Ich hatte Todesangst und dachte, mein ganzer Kopf ist matsch", erzählte die Frau, die auch Nebenklägern ist. Ihr Anwalt vermisst in dem bisherigen Verfahren jegliche Reue oder Entschuldigung des Angeklagten. Es sei kein Täter-Opfer-Ausgleich vorgeschlagen oder Schmerzensgeld gezahlt worden, kritisierte der Nebenkläger das Verhalten des beschuldigten Mannes.

Die Richterin will über mögliche Zeugen aus der Nachbarschaft noch ermitteln, ob der Angeklagte tatsächlich nur mit der Faust zugeschlagen hatte. Jedenfalls müsse sich bei ihm vor der Tat "lange Jahre etwas aufgestaut haben", sagte sie. Der Prozess dauert an.

© SZ vom 20.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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