Prozess:Nach Axt-Attacke in die Psychiatrie

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29-Jähriger zu Unterbringung in geschlossener Klinik verurteilt

Es waren Szenen, wie man sie sonst nur aus Actionfilmen kennt. Kurz vor Mitternacht, Ende Mai vergangenen Jahres: In einem Mehrfamilienhaus in Starnberg sitzen eine Zahnarzthelferin und ihr neuer Freund auf der Couch. Auf einmal klingelt jemand Sturm an der Haustüre. Die 41-Jährige stellt die Klingel ab. Auf einmal birst die Haustüre aus Sicherheitsglas mit einem lauten Knall. Nur wenige Sekunden danach schlägt jemand mit einer Axt eine verglaste Stelle in der Wohnungstüre der Zahnarzthelferin ein. Plötzlich ragt ein Arm durch das Loch. Die Hand bewegt sich in Richtung des Schlüssels, der im Schloss steckt. Der neue Freund der jungen Frau, der kampfsporterfahren ist, tritt mit voller Wucht gegen den Arm, woraufhin dieser zurückschnellt. Doch der Alptraum war damit noch nicht vorüber.

Der 34-Jährige blickt durch das Loch und sieht den früheren Freund seiner Partnerin. Die beiden Männer schauen sich in die Augen. Der Angestellte zeigt dem Elektroniker seine Axt und droht, ihn umzubringen. Der Elektroniker drückt seinen Fuß gegen die Wohnungstüre. Der frühere Freund seiner Partnerin holt in diesem Moment zweimal mit der Axt aus und schlägt sie mit solcher Wucht gegen die Türe, dass die Klinge das Holz durchtrennt. "Verpiss dich, Du Idiot", brüllt der Elektroniker den Angestellten an, woraufhin dieser tatsächlich geht.

Am Freitag verurteilten die Richter der 1. Strafkammer den 29-Jährigen für die Tat zur Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik. Nach Überzeugung von mehreren Sachverständigen leidet der Angestellte an einer Schizophrenie. Die Kammer, so der Vorsitzende Richter Thomas Bott bei der Urteilsbegründung, gehe davon aus, dass die Schuldfähigkeit des Angestellten zum Zeitpunkt der Tat "möglicherweise aufgehoben, sicher aber erheblich eingeschränkt" gewesen sei. Wahrscheinlich habe der 29-Jährige Ende Mai vergangenen Jahres aufgrund seiner Erkrankung noch nicht realisiert gehabt, dass die Zahnarzthelferin die Beziehung zu ihm bereits Ende 2017 beendet hatte und geglaubt, er müsse für deren Fortbestand kämpfen, so der Vorsitzende.

Die Staatsanwaltschaft war ursprünglich davon ausgegangen, dass es sich bei der Axt-Attacke um ein versuchtes Tötungsdelikt handelt. Das Gericht indes stellte in seinem Urteil fest, dass es an einer Tötungsabsicht fehlte, da der Angestellte seinem Widersacher die Axt gezeigt hatte, bevor er schließlich damit auf die Wohnungstüre einschlug. Der Elektroniker sei somit gewarnt gewesen, sagte Richter Bott. Zudem war ein Sachverständiger zu dem Ergebnis gelangt, dass der 34-Jährige durch die Axthiebe, die das Holz der Türe spalteten, nicht hätte verletzt werden können. "Eine Person war durch das Beil nicht erreichbar", so der Forensiker bei der Erstattung seines Gutachtens.

Die Axt-Schläge seien eine "ganz, ganz massive Bedrohung" gewesen, sagte Richter Bott bei der Urteilsbegründung. Da es sich nicht um eine "Bagatelltat" handelt und der Beschuldigte psychisch krank sei, müsse er in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik untergebracht werden. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

© SZ vom 15.06.2019 / sal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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