Prozess:Geld mit fremder EC-Karte ergaunert

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Mehrfach vorbestrafter Dieb landet wieder vor dem Richter

Von Michael Berzl, Herrsching/Starnberg

Gelegenheit macht Diebe: Für einen nahezu mittellosen Frührentner aus Hechendorf war die Situation einfach zu verlockend. Die Grundsicherung reicht ihm so gerade zum Leben, er hat Schulden, und dann liegt da eine EC-Karte am Schalter einer Bank in Herrsching, die ein anderer Kunde vergessen hat. Der 54-jährige Mann greift zu, lässt sich zunächst ein paar Kontoauszüge ausdrucken, trickst dann die Bankangestellten mit einer gefälschten Unterschrift aus und lässt von dem fremden Konto kurz hintereinander zweimal Bargeld auszahlen, einmal 1300 und einmal 1500 Euro. Nun ist der Mann vom Starnberger Amtsgericht wegen Urkundenfälschung und Betrugs zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Es war nicht das erste Mal, dass er vor Gericht stand.

Der Mann, der früher als Koch gearbeitet hat, kam nie mehr richtig auf die Beine. Der 54-Jährige hat schon eine lange kriminelle Karriere hinter sich, in seinem Strafregister stehen fast zwei Dutzend Verurteilungen, meist wegen Diebstahlsdelikten. Mehrfach ist er im Gefängnis gesessen, mehrfach hat er Bewährungszeiten nicht durchgestanden, wurde wieder rückfällig.

In der Verhandlung gestand er sofort den Vorfall von diesem Januar. Es blieb ihm auch nicht viel anderes übrig. Eine Videoaufnahme zeigt, wie er die EC-Karte nimmt, die ihm nicht gehört, und wie er dann zum Schalter geht, um sich Geld auszahlen zu lassen. Dass die gefälschte Unterschrift anders aussah als das hinterlegte Original erklärte er mit einer Verletzung am Arm und Problemen mit den Augen. Weiter wurde nicht nachgefragt.

Die insgesamt 2800 Euro wurden abgebucht vom Konto eines 23-jährigen Studenten aus Wörthsee. Den Verlust seiner EC-Karte hatte er noch am selben Tag an einer Tankstelle bemerkt und die Karte sperren lassen. Das Geld habe er sehr bald und ohne Umstände von der Bank erstattet bekommen, sagte der junge Mann als Zeuge. Als Amtsrichter Franz von Hunoltstein den Angeklagten fragte, ob er sich um Wiedergutmachung bemüht und das Geld zurückbezahlt habe, meint der nur: "Mit was?"

Er lebt nach eigenen Angaben von 222 Euro Grundsicherungsrente im Monat, die Miete in Höhe von 270 Euro bezahlt das Sozialamt. Er leide unter Diabetes, würde gerne arbeiten, aber das dürfe er nicht, sagte er. Geldstrafen für frühere Straftaten stottert er in kleinen Raten ab, seine wirtschaftliche Lage ist schon prekär. Jetzt kommt eine neue Strafe hinzu. Richter Hunolstein erlegte ihm auf, 20 Euro pro Monat an die Starnberger Tafel zu zahlen, insgesamt 400 Euro. Der Verurteilte verließ schimpfend den Gerichtssaal: "Ich bin jetzt schon unter dem Sozialsatz. Und jetzt wollen Sie mir von dem Geld, das ich zum Leben brauche, nochmal 20 Euro wegnehmen. Sie drängen mich dazu, dass ich wieder eine Straftat begehe."

© SZ vom 13.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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