Protest der Erzieherinnen:Eltern in Nöten

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Die Kindergärtnerinnen in Weßling und Gilching treten in den Ausstand, es gibt auch keinen Notdienst. Die anderen Betreuungseinrichtungen im Landkreis mit privaten und kirchlichen Trägern bleiben geöffnet

Von Clara Brügge und Christian Deussing, Starnberg

Das wird viele Eltern am kommenden Montag und Dienstag hart treffen: Sechs gemeindliche Kindergärten und die Krippe "Kleine Löwen" in Gilching werden geschlossen bleiben, es ist auch kein Notdienst vorgesehen. 80 Erzieher und Kinderpfleger wollen an den beiden Tagen für bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen streiken und am Montag an der zentralen Demonstration in München teilnehmen. Laut Gilchinger Rathausverwaltung sind von dem Arbeitskampf etwa 375 Mädchen und Buben in der Gemeinde betroffen, die bayernweit zu den kinderreichsten gehört.

Er habe für den angekündigten Streik der Mitarbeiter in den Kindertagesstätten (Kita) durchaus Verständnis, sagte am Freitag Gilchings Bürgermeister Manfred Walter (SPD). Denn das Gehalt der Erzieher müsse allein schon wegen der Anforderungen dieses Berufs angehoben werden. Im Vorfeld des Ausstands hatte sich Walter mit dem Kita-Personal so abgesprochen, dass nur an zwei Tagen die Kinderbetreuung ausfallen soll. Eines ist ihm wichtig: dass öffentliche Kindergartenträger nicht weiter versuchen, sich Personal mit "Prämien gegenseitig abzuluchsen, und sich dabei noch hochschaukeln". Statt sich gegenseitig Konkurrenz zu machen, sollte ein einheitlicher Tarif für Erzieher und Kinderpfleger gelten, findet Walter.

In den vier kommunalen Betreuungseinrichtungen der Gemeinde Weßling legten die mehr als 40 Erzieher bereits am Freitag die Arbeit nieder: "Wir sind alle nicht in Gewerkschaften organisiert, darum haben wir die Urabstimmung gar nicht erst abgewartet, sondern bereits am Freitag gestreikt", sagte Caroline Busquet, Leiterin des Gemeindekinderhauses "Regenbogen". Denn dafür gebe es auch so genügend Gründe: "Unser Beruf muss aufgewertet und mehr wertgeschätzt werden", so die Erzieherin. "Wir prägen Generationen und legen den Grundstein für unser aller Zukunft." Beim Stichwort Wertschätzung gehe es ihr nicht nur um höhere Löhne, sondern auch um "einen respektvollen Umgang seitens der Eltern". Viele von ihnen hielten sich nicht an die Arbeitszeiten der Erzieher und holten ihre Kinder teilweise viel zu spät ab. "Eltern müssen sich an die Rahmenbedingungen halten, wir haben auch ein Recht auf Freizeit", kritisierte die Kita-Leiterin.

Darum setze man jetzt ein Signal. Zahlreiche Eltern der etwa 290 Kinder, die in den gemeindlichen Betreuungseinrichtungen von Weßling untergebracht sind, hätten auch Verständnis für den Streik gezeigt. Einen Notdienst habe es zwar nicht gegeben, aber viele der betroffenen Familien hätten sich selbst organisiert und gegenseitig auf die Kinder aufgepasst, erläuterte Busquet. Ob es bei nur einem Streiktag bleiben wird, oder ob auch nächste Woche in den betreffenden Kitas die Arbeit niedergelegt wird, ließ sie zunächst offen: "Wir sind da flexibel", sagte sie.

Auch Bürgermeister Michael Muther (FW) signalisierte Verständnis für den Streik in Weßling: "Ich sehe vor allem ein Problem der Wertschätzung für diese Arbeit", meinte er. "Ein besserer Umgang zwischen Erziehern und Eltern wäre wünschenswert." Zudem seien die Anforderungen an die Betreuer gestiegen, eine höhere Bezahlung wäre damit gerechtfertigt.

Fast alle anderen Kindergärten, Krippen und Horte im Landkreis Starnberg sind von dem Streik nicht tangiert. Einerseits haben viele Einrichtungen private und kirchliche Träger. Andererseits sind zahlreiche Kita-Mitarbeiter nicht gewerkschaftlich organisiert. Aus diesem Grund habe auch der gemeindliche Kinderhort in Inning weiter offen, sagte Erzieher Simon Gänsler. Dass andere streiken, könne er absolut nachvollziehen. "Es ist aber schwierig, als einziger im Team die Arbeit niederzulegen", gab er zu bedenken.

Auch in Starnberg schließe nächste Woche keine einzige der fünf gemeindlichen Betreuungseinrichtungen, sagte der geschäftsleitende Beamte Karl-Heinz Springer. Er führte als Grund ebenfalls an, dass die Kitas "bei uns nur vereinzelt gewerkschaftlich organisiert" seien. "Schon in den vergangenen Jahren gab es deswegen keine Streiks in Starnberg." Allerdings könne er verstehen, "dass Erzieher für ihre demokratischen Rechte kämpfen und auf ihre Situation aufmerksam machen wollen". Höhere Gehälter seien jedoch nur schwer realisierbar, "wenn die Beiträge für Eltern nicht erhöht werden sollen", meinte Springer.

Verdi-Bezirksgeschäftsführer Heinrich Birner zufolge wird im Landkreis Starnberg offenkundig wenig gestreikt. Er hält es aber für "dringend notwendig", dass bei höheren Lebenshaltungskosten einheitlich Zuschläge gezahlt werden.

© SZ vom 09.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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