Profi-Hilfsdienst für alle:Die auch durchs Feuer gehen

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Die Aufgaben der Einsatzkräfte sind vielseitig - die klassische Brandbekämpfung tritt heutzutage mehr und mehr in den Hintergrund. Problematisch ist es, tagsüber genügend Helfer zusammenzutrommeln

Von Christine Setzwein, Starnberg

200 Feuerwehrleute kämpfen stundenlang in unmenschlicher Hitze und beißendem Rauch gegen meterhohe Flammen an. Ein ehemaliges Sägewerk und ein Wohnhaus brennen ab, ein Gebäude kann gerettet werden. Der Brand im Manthal, bei dem glücklicherweise keine Menschen zu Schaden kamen, war einer der größten der vergangenen Jahre. Die traditionelle Brandbekämpfung tritt in den Hintergrund. Viel öfter haben es die Feuerwehrmänner und -frauen heutzutage mit technischen Hilfeleistungen zu tun, wie die Statistik zeigt. Die Feuerwehr im Umbruch.

Wenn ein Auto auf der Straße Öl verliert - die Feuerwehr bindet es. Wenn sich die Katze nicht mehr vom Baum traut - die Feuerwehr holt sie herunter. Wenn es auf der Autobahn zu einem Unfall kommt - die Feuerwehr sichert die Unfallstelle ab, rettet Verletzte aus ihren Wagen. Wenn der Keller unter Wasser steht - die Feuerwehr pumpt ihn leer. Wenn der Sturm Bäume entwurzelt und Straßen versperrt sind - die Feuerwehr räumt auf. Wenn sich Sportler in Wettläufen messen - die Feuerwehr sperrt die Strecke ab. Wenn Menschen in ihren Wohnungen einsam sterben oder sich das Leben nehmen - die Feuerwehr öffnet die Türen. Wenn ein Maibaum aufgestellt wird - die Feuerwehr passt auf oder packt gleich mit an. Wenn Unterkünfte für Flüchtlinge gebaut werden müssen - die Feuerwehr hilft mit. Und das alles zu jeder Tages- und Nachtzeit.

Extremeinsatz: Auf Gut Romenthal bei Dießen ging vor Jahren eine Maschinenhalle in Flammen auf. Bis in die Nacht hinein loderten die Flammen immer wieder auf. Das brennende Heu musste von den Einsatzkräften abgetragen und auf freies Feld gefahren werden. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Feuerwehrleute genießen im Berufsranking immer noch größtes Vertrauen und Ansehen. Trotzdem kämpfen die freiwilligen Helfer mit Nachwuchsproblemen. Waren es Ende 2015 noch 1807 Aktive und Ende 2016 noch 1773, sind es Ende 2017 nur noch 1691 im Landkreis Starnberg. Also wirbt die Feuerwehr für sich mit Veranstaltungen wie Tage der offenen Tür, Sonnwendfeiern, Weinfesten oder Hauswurfsendungen. Sie gründet Kinder- und Jugendfeuerwehren und bemüht sich verstärkt um Frauen.

Probleme gibt es vor allem bei der Tagbereitschaft. Viele Aktive arbeiten nicht an ihrem Wohnort im Landkreis Starnberg und können es gar nicht schnell genug schaffen zum jeweiligen Einsatzort. Wenn ein Inninger Feuerwehrmann von München aus zu einem Unfall auf der Lindauer Autobahn eilen soll, hat er keine Chance, das in den vorgegebenen zehn Minuten zu schaffen. Dazu kommt, dass immer weniger Arbeitgeber bereit sind, ihre Angestellten einfach so ziehen zu lassen. Damit die Einsatzkraft auch künftig gewährleistet ist, stellen Starnberg, Gauting, Tutzing und Herrsching hauptamtliche Gerätewarte ein. Diese kümmern sich aber nicht nur um die Ausrüstung, sondern rücken bei Bedarf auch mit den Ehrenamtlichen aus. In den Rathäusern und Gemeinderäten erfahren die Freiwilligen Feuerwehren in der Regel uneingeschränkte Unterstützung. Und wenn die Kasse noch so klamm und das neue Löschfahrzeug noch so teuer ist: Es wird gekauft. Schließlich müssen die Gemeinden "in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gemeindliche Feuerwehren (Freiwillige Feuerwehren, Pflichtfeuerwehren und unter bestimmten Voraussetzungen Berufsfeuerwehren) aufstellen, ausrüsten und unterhalten sowie die notwendige Löschwasserversorgung bereitstellen", schreibt das Innenministerium vor. Die Feuerwehr eine öffentliche Einrichtung.

Für ihre Aus- und Fortbildung und ihre Einsätze opfern Feuerwehrleute ihre Freizeit und oft auch die Nachtruhe. Das schützt sie mittlerweile nicht mehr vor Beleidigungen und Behinderungen bei ihrer Arbeit. Der Starnberger Ex-Kreisbrandrat Markus Reichart weiß das. Vor allem bei Straßensperren nach Unfällen reagierten manche Autofahrer uneinsichtig, sagt er. In einem Fall sei ein Taxifahrer sogar über den Fuß eines Feuerwehrmannes gefahren. Oder Silvester in Herrsching, als eine Rakete in eine Wohnung an der Bahnhofstraße flog. Jugendliche hatten seinerzeit die Feuerwehrleute mit Böllern und Raketen empfangen und so auch den Einsatz begleitet und behindert. Dafür haben die Helfer kein Verständnis, genauso wenig wie für Schaulustige.

Retten, löschen, bergen, schützen - das sind die Aufgaben der Feuerwehr. Jeden Tag, 24 Stunden, sieben Tage in der Woche, 365 Tage im Jahr.

© SZ vom 13.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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