Premiere:Auf der Galeere nach Garmisch

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Ben Hur (Katharina Friedl, links) und Messala (Wolfgang Haas). (Foto: Catherina Hess)

Das Theater "Viel Lärm um Nichts" bringt das Sandalen-Epos Ben Hur auf die Bühne, samt Wagenrennen natürlich

Von Jutta Czeguhn, Pasing

Die Seeschlacht, das Wagenrennen, Jesus. An nichts wird hier gespart. Es gilt, einen Superlativ anzukündigen in diesem an Monumentalem nicht gerade armen Münchner Kultursommer. "Ben Hur", Mutter aller Sandalenfilme, kommt auf die Bühne. Für das als unaufführbar geltende Epos hat das "Theater viel Lärm um Nichts" alles Erdenkliche und Undenkbare auf sich genommen. Vier Schauspieler begeben sich an die Grenzen ihrer künstlerischen Möglichkeiten und machen den Job, für den Hollywood-Regisseur William Wyler in seiner Verfilmung 1959 mehr als 365 Sprech-Darsteller, 50 000 Komparsen, 2500 Pferde und 200 Kamele verschlissen hat. Auch finanziell scheut das kleine Pasinger Ensemble kein Risiko. Mit 15 Millionen Dollar war Ben Hur damals der bislang teuerste Film. "Ach, das haben wir auch ausgegeben, in Euro versteht sich", flunkert Impresario Andreas Seyferth in beiläufigem Ton.

Bei den Proben im schmalen Theaterraum auf der Westseite der Pasinger Fabrik wird kolossal viel geblödelt. Eine Art Monty-Python-Stimmung macht sich breit. Denn wer sich an einem so humorfreien Filmschinken wie Ben Hur vergreift, paddelt unweigerlich im Kielwasser der britischen Anarcho-Komiker und ihrem Karfreitagsamüsement "Das Leben des Brian". Leute, die den Film-Ben Hur Charlton Heston für einen honorigen Mimen halten oder den Satz "Chleudert den Purschen zu Poden!" nicht binnen Sekunden zuordnen können, werden bei dieser Ben-Hur-Fassung womöglich wenig zu lachen haben, weil es Anspielungen nur so hagelt. Alle anderen aber erwarten große Theatermomente. Premiere - sie wurde nach dem kurzfristigen Ausfall eines der Hauptdarsteller verschoben - ist am kommenden Donnerstag, 20. Juli, 20 Uhr.

"Das hier ist das Zeloten-Grundkostüm", erklärt Philipp Weiche. Im beigefarbenes Baumwoll-Leiberl kreiselt er auf den Sohlen seiner Legionärssandalen um die eigene Achse. Eigentlich wollte er sich als Regisseur des Stückes diesen Aufzug ersparen. Weil ihm aber jener Akteur abhanden gekommen ist, muss er nun selber ran und gefühlte 50 Rollen übernehmen. Doch das ist letztlich natürlich kein Problem für den ausgebildeten Theater- und Filmschauspieler. Zudem kennt Weiche die Ben-Hur-Bühnenfassung wie kein Zweiter. Vor 20 Jahren hat er am Südthüringischen Staatstheater in Meiningen das römische Hybris-Burli Messala gespielt. Inszeniert hatte es damals der Brite Rob Ballard, von dem höchstselbst die Verballhornung des Stoffes stammt. Satiriker Ballard hat für seine Ben-Hur-Show einige chirurgische Eingriffe an der klassischen Vorlage vorgenommen. So ist der judäische Fürstensohn im Stück eine Frau, die mal etwas hatte mit dem Römer Messala. Schauspielerin Katharina Friedl trägt für die Titelrolle deshalb zeitweise Bart, natürlich eine zärtliche Hommage an die Steinigungsszene im "Leben des Brian". Ein weiblicher Ben Hur. Wäre er noch unter uns, Waffennarr Charlton Heston würde da wohl zu einer entsicherten "national rifle" greifen. Dabei ist dieser Gender-Tausch nur konsequent, denn auch im Film hat es bekanntlich zwischen Ben Hur und seinem Sandkastenfreund Messala geknistert.

Die Seeschlacht ist im Film einer der Höhepunkte. Kommt Wasser ins Spiel, ist das für jede Bühne eine Herausforderung. Die Pasinger Theatermacher haben laut Regisseur Weiche, der "aus vertraglichen Gründen" nicht mehr verraten darf, eine stupende Lösung gefunden: Ein Eimer Wasser wird eine tragende Rolle spielen. Auch über die Umsetzung des epochalen Wagenrennens dringen an diesem Probentag nur Andeutungen durch. Theaterchef Seyferth versichert an die Adresse von Tierschutz-Aktivisten: "Es werden keine Pferde zu Schaden kommen." In den Tagen vor der Premiere herrscht Zuversicht in Saal des kleinen Theaters. Für Regisseur Weiche fest: "Wir sind besser als der Film!" Doch was, wenn es noch einen Ausfall gibt? 1000 Statistenrollen müssten dann auf einen Schlag nachbesetzt werden. Philipp Weiche ist da für alles offen. "Nun, wenn jemand aus dem Publikum mitspielen möchte?"

"Ben Hur", Theater Viel Lärm um Nichts, August-Exter-Straße 1, Premiere am 20. Juli, 20 Uhr, bis 16. September, jeweils Donnerstag, Freitag und Samstag, 20 Uhr. Tickets unter Telefon 82 92 90 79 oder www.theaterviellaermumnichts.de.

© SZ vom 15.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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