Treffsicher:Locker am Luftgewehr

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Die 19-jährige Lisa Förster lässt in ihrem Verein "Immergrün" alle hinter sich und wird Schützenkönigin.

Von Sabine Bader, Tutzing

Sie ist stattlich, die Schützenkette des Vereins "Immergrün" in Tutzing mit ihren gut 70 Talern. Und schwer ist sie obendrein. Schützenkönigen Lisa Förster präsentiert die 3,5 Kilogramm schwere Kette im Schießstand. (Foto: Nila Thiel)

Während andere junge Frauen ihres Alters Modeschmuck oder schlichte Goldketten tragen, hat Lisa Förster mehr zu bieten - zumindest gewichtsmäßig. Denn die Schützenkette, die sie sich bei offiziellen Anlässen umlegt, wiegt stolze dreieinhalb Kilogramm. Und die gilt es erst einmal zu schultern. Das ist Schwerstarbeit. "Lange kann ich die Kette auch nicht schleppen", gesteht die 19-Jährige aus Tutzing. Der schwere Halsschmuck ruht übrigens auf einem Filztuch, das ihr vor dem Umhängen um die Schultern gelegt wird. Auch, weil die Kette "ganz furchtbar kratzt". Ein reines Vergnügen sieht anderes aus. Dennoch: Lisa Förster hat den Titel der Schützenkönigin der "Schützengesellschaft Immergrün" in ihrem Heimatort Tutzing errungen. Sie hat sich "arg gefreut" darüber, wie sie sagt. "Das hätte ich nicht gedacht." Der entscheidende Schuss sei ihr nämlich gar nicht so gut vorgekommen. Aber es hat dann doch gereicht. Nach Vereinsangaben hat es sich um einen so genannten 250 Teiler gehandelt. Das heißt, der Schuss hat den Zehnerring angekratzt, ist aber ein Zweihundertfünfzigstel aus der Mitte. Je kleiner also der Teiler desto besser der Schuss.

Seit gut sieben Jahren ist Lisa Förster bei den Immergrünen. Anfangs hat ihr das Vereinsleben auch richtig Spaß gemacht. "Da waren viele Freunde von mir dabei und nach dem Schießen haben wir dann zusammengesessen, gequatscht und Karten gespielt", erinnert sie sich. Doch so mit 16, als es mit dem abendlichen Weggehen anfing, habe sich das Ganze dann verlaufen. Die Jugend wollte ihren Freitagabend nicht mehr unbedingt am Schießstand verbringen. So ist das eben.

Auch Lisa Förster absentierte sich mehr und mehr. "Mit lauter Erwachsenen dazusitzen, macht ja auch nicht so den Spaß", sagt sie. So kam sie schließlich nur noch zu den Wettkämpfen. Aber selbst mit wenig Übung gelingen ihr darin Spitzenplätze. So ist sie 2011 bereits Jugendkönigin geworden. Und jetzt Königin bei den Erwachsenen. Wohl, weil Lisa Förster mit recht viel Coolness, locker und unverkrampft an das Ganze herangeht. Nach dem Königsschießen ist sie gleich nach Hause zum Duschen, weil sie noch weggehen wollte. Da kam der Anruf ihrer Mutter, dass Lisa zurück zu den Schützen kommen solle, es sehe gut aus beim Königsschießen. Das sah es dann wirklich. Lisa kam und siegte.

Man muss wissen: Die Königsscheibe mit dem Luftgewehr zu treffen, ist gar nicht so leicht. Denn im Gegensatz zu den sonst schwarzen Scheiben ist die für den Königsschuss rot. Und damit eher schlechter zu erkennen. Die Schützengesellschaft Immergrün schießt übrigens längst nicht mehr auf Papierscheiben, sondern elektronisch. Die Kugel fliegt in ein schwarzes Loch. Von einem Messrahmen wird gemessen, wie weit die Kugel aus dem Zentrum war. "Das ist absolut unbestechlich und nicht manipulierbar", sagt der Vereinsvorsitzende und Schützenmeister Ernst Linzinger. Jeder Schütze hat dann ein Tablet vor sich und kann darauf ablesen, wie sein Schuss ausgefallen ist. Moderne Zeiten.

Überhaupt will der Verein gerade die Jugend für den Schießsport gewinnen - sogar Kinder. Derzeit sind es sechs Buben im Alter zwischen acht und elf Jahren, die im Tutzinger Verein Lichtgewehr und Lichtpistole schießen, berichtet Linzinger. "Die Kinder sind ganz begeistert", erzählt er, "und schaffen es sogar, eine Stunde bei der Sache zu bleiben." Kinder dürfen nämlich nicht mit Luftdruckgewehren schießen. Das ist erst mit zwölf Jahren erlaubt. Lichtpunkte aber sind möglich. Außerdem sind Lichtgewehre und -pistolen viel leichter. Insgesamt gibt es unter den 80 Vereinsmitgliedern mehr als 20 Kinder und Jugendliche. Ein Schnitt, über den Linzinger froh ist. Jugendarbeit zahlt sich aus, wie der 75-Jährige findet. Und Mund-zu-Mund-Propaganda auch. Lisa Förster ist über ihre Mutter Kathrin zum Schützenverein gekommen. Die hat die ganze Familie für den Schießsport begeistern können - auch ihren Vater und den älteren Bruder.

Als Schützenkönigin hat Lisa natürlich auch Aufgaben. Eine davon ist, bei den ein oder zwei offiziellen Festen im Jahr dabei zu sein und die Schützenkette zu präsentieren. Und einen neuen Taler für die Kette muss sie auch stiften. Da hilft die Mutter aus. Sie hat noch einen Taler zu Hause, den sie der Tochter überlässt. In den muss nur noch Lisas Name und das Jahr eingraviert werden, in dem sie Königin geworden ist. So wird es auch nicht allzu teuer. Denn Lisa steht noch in der Ausbildung als Zahnmedizinische Fachangestellte, die sie gerade bei einem Zahnarzt in Gauting absolviert. Insgesamt sind 70 Taler an der Tutzinger Kette befestigt. Wen wundert's, dass das gute Stück so schwer ist. Der erste Taler stammt übrigens aus dem Jahre 1933.

Lisas Vorsätze: Sie will sich wieder öfter im Schützenverein blicken lassen und üben. "Denn dann könnte ich noch besser sein", davon ist sie überzeugt. Der Reiz des Schießsports ist für sie die gute Konzentration, die man sich so antrainieren kann.

© SZ vom 16.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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