Politik:Stadträte misstrauen Johns Amtsführung

Lesezeit: 2 min

Starnberger Gremium verweigert der Bürgermeisterin die Entlastung für das Haushaltsjahr 2015

Von Peter Haacke, Starnberg

Mit einem Paukenschlag ist am Dienstag eine erneut denkwürdige Sitzung des Starnberger Stadtrats zu Ende gegangen: Das Gremium verweigerte Bürgermeisterin Eva John mit 15:13 Stimmen die Entlastung für das Haushaltsjahr 2015. Die Entscheidung gilt als politischer Ausdruck des Misstrauens in die Amtsführung der Bürgermeisterin. Insbesondere die dubiosen Umstände zum Verkauf des Wangener Weihers in alleiniger Verantwortung von John wurden mehrfach benannt, aber auch ungeklärte Auftragsvergaben und unzureichende Dokumentation. Das Fass zum Überlaufen dürfte aber die offensichtlich unvollständige Sitzungsvorlage gebracht haben: Kämmerer Thomas Deller hatte mehrere Aspekte der Empfehlungen aus dem Abschlussprotokoll des Rechnungsprüfungsausschusses an den Stadtrat gar nicht erst aufgeführt.

Die verweigerte Entlastung dürfte vorerst allerdings keine gravierenden Folgen haben: "Verweigert der Stadtrat die Entlastung oder spricht er sie mit Einschränkungen aus, so hat er dafür die maßgebenden Gründe zu nennen", teilt der Bayerische Kommunale Prüfungsverband (BKPV) mit. Weitere zwingende Folgen sieht das Gesetz nicht vor. Allerdings könnte erneut die Kommunale Rechtsaufsicht am Landratsamt das Thema würdigen. Zentrales Thema im Stadtrat ist demnach fehlendes Vertrauen in die Arbeit Johns, die als Betroffene an Diskussion und Abstimmung zum Punkt "Jahresrechnung 2015" nicht beteiligt war. Markus Mooser (WPS) als Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses skizzierte die wesentlichen Ergebnisse zu den Vorgängen im Jahr 2015. Er empfahl uneingeschränkte Entlastung Johns, zumal die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren zum Wangener Weiher abgelehnt hat: "Ich gehe davon aus, dass alle Punkte erledigt sind", sagte er.

Das sah ein Großteil der Mandatsträger anders. Übereinstimmend stellten Vize-Bürgermeister Klaus Rieskamp (BLS), der die Sitzungsleitung übernommen hatte, und Ludwig Jägerhuber (CSU) fest, dass zwischen den Empfehlungen des Ausschusses und der aktuellen Tischvorlage aufgrund einer verkürzten Darstellung "eine gewisse Diskrepanz" vorliege: Unter anderem fehlte der Hinweis, dass einige Unterlagen der Stadt nicht vollständig zu sein schienen und unzureichend dokumentiert waren. Martina Neubauer (Grüne) konstatierte, dass die Zusammenfassung nicht dem entspreche, was tatsächlich erarbeitet worden war. Zudem war das Abschlussprotokoll nicht allen Stadträten übermittelt worden. Thomas Beigel (CSU) kritisierte die zögerliche Bereitstellung von Unterlagen: "Man hat um jedes Dokument kämpfen müssen", sagte er. Es sei problematisch, wie in der Stadt mit Haushaltsmitteln umgegangen werde. Beigel: "Wir haben kein Vertrauen in die Kassenführung."

Die Kritik hielt Mooser für überzogen. "Diese paar Euro" für den Wangener Weiher - es geht um einen Kaufpreis von 5000 Euro für 400 Quadratmeter Fläche - fielen im Vergleich zum Gesamtvolumen des Haushalts in Höhe von 84 Millionen kaum ins Gewicht. John habe eine "fleißige, ehrwürdige und hervorragende Leistung" vollbracht. Er vermutete "persönliche Animositäten" und "Bürgermeisterinnen-Bashing" statt sachlicher Erwägungen für die verweigerte Entlastung. Der Prüfungsausschuss hatte dem Stadtrat unter anderem eine Begrenzung von Ermächtigungen der Bürgermeisterin für Aufträge, Erwerb und Verkauf von Grundstücken sowie den Verbleib von Haushaltsresten empfohlen. Otto Gaßner (UWG) empfahl eine Überarbeitung der Geschäftsordnung für den Stadtrat auf Basis der bayerischen Gemeindeordnung, zudem hat die UWG eine vorgezogene Prüfung durch den BKPV beantragt.

Eine unrühmliche Rolle spielte wieder einmal Günther Picker: Zunächst versuchte er, Sitzungsleiter Rieskamp zu provozieren, kommentierte dann ungefragt einen Beitrag von Stefan Frey zur Rechtswidrigkeit des Weiher-Verkaufs ("Blödsinn, was Sie sagen"), unterbrach rüde Franz Sengl (Grüne) und desavouierte schließlich auch Angelika Wahmke (BLS). Sengl verlangte, Picker des Saals zu verweisen; vergeblich beantragte Fraktionskollegin Annette von Czettritz, dem undisziplinierten WPS-Chef eine Rüge zu erteilen. Später unterstellte Mooser zudem Gerd Weger (CSU), er würde die Anlieger der Mühlbergstraße "aufhetzen", was Weger voller Empörung zurückwies. Die allgemein gereizte Stimmung im Gremium prägte bereits zum Sitzungsauftakt auch die Anfrage einer Bürgerin zu den Kosten der Image-Broschüre "Dahoam in Starnberg". John entgegnete lediglich: "Sie bekommen eine schriftliche Antwort darauf."

© SZ vom 04.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: