Politik in der Kreisstadt:Halbiertes Budget

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Die "Spielregeln" für den Stadtrat - hier bei der Sitzung zum Thema "Tunnel" im großen Saal der Schlossberghalle - sollen überarbeitet werden. (Foto: Franz X. Fuchs)

Bürgermeisterin Eva John nimmt nicht hin, dass eine Zwei-Drittel-Mehrheit des Stadtrats ihre Kompetenzen beschneiden will. Sie hält die neue Geschäftsordnung für rechtswidrig und legt sie der Kommunalen Rechtsaufsicht im Landratsamt zur Prüfung vor

Von Peter Haacke, Starnberg

Auf die Kommunale Rechtsaufsicht im Landratsamt kommt wieder einmal Arbeit zu. Das Thema dürfte den Juristen altbekannt sein, erst 2016 war die Geschäftsordnung für den Starnberger Stadtrat zuletzt geändert worden. Doch in der neuesten Fassung, die nun zur Prüfung vorgelegt werden soll, gibt es einige Aspekte zu Rechten und Pflichten von Bürgermeisterin und Gremium, die in dieser Form landesweit wohl einmalig sein dürften. Selbst die Antragsteller - eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Stadtrat - gestehen ein, dass mit der Neufassung "experimentelle Bereiche betreten" werden. Die Stadträte vor allem von CSU, SPD, Grüne, UWG und Parteifreien wollen die Kompetenzen von Bürgermeisterin Eva John (BMS) beschneiden. Sie reagieren damit nach eigenen Angaben auf die Erfahrungen mit der Starnberger Rathauschefin in den vergangenen drei Jahren. John will das nicht hinnehmen.

Die Debatte über die Neufassung der Geschäftsordnung fiel in der Vorwoche überraschend kurz aus. Die Bürgermeisterin teilte dem Gremium mit, dass sie den am 17. Mai mehrheitlich beschlossenen Entwurf "in Teilen für materiell rechtswidrig" hält und den Vollzug daher aussetzt. "Sollten Sie an Ihrem Beschluss festhalten", sagte John, "werden die Unterlagen dem Landratsamt zur Prüfung zugeleitet." Sie sieht in der neuen Version, die "inhaltliche und handwerkliche Schwächen" aufweise und somit nicht geltendem Recht entspreche, eine "Disziplinierungsmaßnahme", die lediglich das "Misstrauen gegen die Bürgermeisterin" zum Ausdruck bringen wolle.

Tatsächlich stehen in der überarbeiteten Fassung der insgesamt 40 Paragrafen auf 28 DIN A4 Seiten einige Neuerungen, die deutlich abweichen von der Mustersatzung des Bayerischen Gemeindetages. Sie betreffen etwa den Internet-Auftritt und die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt, Befugnisse der Referenten, das Prozedere zu Sitzungseinladungen oder das Recht der Stadträte auf Akteneinsicht. Auch die seit Johns Amtsantritt wiederholt erhobene Forderung nach regelmäßigen Besprechungen der Fraktionsvorsitzenden findet sich wieder. Hinzu kommen Vorschriften zu Dokumentation, Ladungsfristen und Veröffentlichungen. Überdies wurden nahezu alle Wertgrenzen für Ausgaben, über die ein Bürgermeister selbständig entscheiden kann, drastisch gesenkt: Die meisten Beträge wurden in der Neufassung halbiert, die Höchstsumme - etwa bei Darlehen, Grundstücksgeschäften sowie Verwaltungs-, Rechts- und Vertragsangelegenheiten - soll künftig 25 000 Euro betragen.

"Die Bürgermeisterin sollte versuchen, die Botschaft zu verstehen", sagte Stadtrat Patrick Janik (UWG). Der Stadtrat hatte die Verwaltung bereits im Dezember 2017 mit einer Neufassung beauftragt, doch weder im März noch im Mai lag das Papier vor. Daraufhin hatte Janik die Geschäftsordnung im Auftrag von CSU, SPD, Grünen, UWG, Parteifreien und Teilen der Bürgerliste selbst überarbeitet; am 17. Mai folgte die Abstimmung. In der Vorwoche betonte Janik, dass John seit Jahren "unausgetretene Pfade" beschreite, die allen ungeschriebenen Gepflogenheiten im Gremium widersprächen. Insofern reflektiere die Neufassung nicht nur diverse Vorkommnisse der vergangenen drei Jahre, sondern sei auch ein Ausdruck dessen, wie der ehrenamtliche Stadtrat, aber auch die Bürger der Stadt, künftig behandelt werden möchten. Offensichtlich aber fehle es John an "gutem Willen"; die Zusammenarbeit von Verwaltung und Stadtrat funktioniere nur, "wenn man die Bürgermeisterin dazu zwingt". Der Beschluss zur Neufassung der Geschäftsordnung werde dadurch nicht rechtswidrig, sondern "hilft uns nur, unsere Arbeit zu machen".

Das sieht John freilich anders. Im Auftrag der Stadt hat ein Rechtsanwalt die Neufassung unter die Lupe genommen und nebst ausführlicher Begründung jene Passagen geändert oder gestrichen, die seiner Auffassung nach nicht geltendem Kommunalrecht entsprechen sollen. Das 60-seitige Papier liegt dem Landratsamt bislang allerdings noch nicht vor, sagte Pressesprecher Stefan Diebl am Dienstag. Bis zu einer Entscheidung der Juristen gilt im Stadtrat daher bis auf Weiteres die alte Fassung der Geschäftsordnung.

© SZ vom 27.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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