Politik:Gesprächsnotizen im Briefkasten

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UWG verteilt nun auf eigene Faust das Protokoll aus dem Innenministerium zu Tunnel und Umfahrung

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) kündigt gegenüber Starnbergs Bürgermeisterin Eva John einen entschieden härteren kommunalpolitischen Kurs an. In der Jahresversammlung am Dienstag teilte UWG-Vorsitzender und Altbürgermeister Ferdinand Pfaffinger mit, dass die UWG das Protokoll eines Gesprächs im Innenministerium, das im Januar zwischen Vertretern der Obersten Baubehörde und den Stadtratsfraktionen zum Themenkomplex "Tunnel und Umfahrung" stattgefunden hatte, in den nächsten Tagen etwa 8000 Haushalten auf eigene Kosten zustellen wird.

Die Liste der Kritik an John ist lang. Pfaffinger monierte in seinem Jahresbericht "viele ungewöhnliche Vorgänge". Konkret nannte er die verpasste Chance zum Erwerb des "Centrum", das "Drama um Seeanbindung und Bahnvertrag", die ungeklärte Sachlage zum Gewerbegebiet Schorn, die Personalfluktuation auf Führungsebene der Stadtverwaltung, nicht umgesetzte und ignorierte Stadtratsbeschlüsse, der noch immer nicht erfolgte Start in die Haushaltsberatungen für 2018 und das Disziplinarverfahren der Landesanwaltschaft gegen John. Pfaffinger äußerte unverhohlen Zweifel an Johns Führungsqualitäten. Er bezeichnete die aktuelle Situation in Starnberg als "unerträglich" und hofft spätestens nach den Kommunalwahlen im Frühjahr 2020 auf einen "rechtstreuen Vertreter an der Spitze der Stadt, der wieder Vertrauen schafft".

Begrüßt wurde die Mehrheitsentscheidung des Stadtrats "Tunnel bauen, Umfahrung planen" vom 20. Februar. Einen Monat zuvor hatte es ein protokolliertes Gespräch im Innenministerium über Alternativen zum Tunnel gegeben, das zu einem veränderten Abstimmungsverhalten bei fünf Stadträten geführt hatte. Im Oktober wurde beschlossen, dieses Protokoll an alle Starnberger Haushalte verteilen zu lassen, um die Gründe der Entscheidung zugunsten des Tunnels nachvollziehbar darzulegen. Doch John hat diesen Beschluss bislang nicht vollzogen. Die UWG beschloss daher, die wesentlichen Punkte der Unterredung auf einem vierseitigen Flyer zu bündeln und den Haushalten auf eigene Kosten zuzustellen. Blogschreiber Thorsten Schüler, bekannt als "Dr. Thosch", erklärt: "Wir wollen bewusst nur informieren. Jeder soll sich selbst seine Meinung zu Tunnel und Umfahrung bilden können". Um die Kosten für den Flyer zu decken, mussten die UWG-Mitglieder ihr Weihnachtsessen selbst zahlen.

Die Stadträte Otto Gaßner und Patrick Janik berichteten aus dem Stadtrat. "Es ist, einfach gesagt, unendlich schwierig", resümierte Janik. Es habe viele Gesprächsangebote an die Bürgermeisterin gegeben, die alle abgelehnt wurden. Gaßner stellte eine drastisch überarbeitete Geschäftsordnung für den Stadtrat in Aussicht, um die Rechte des ehrenamtlich tätigen Gremiums zu stärken. Beobachter aus dem Landratsamt in Stadtratssitzungen wird es angesichts des laufenden Disziplinarverfahrens gegen John aber vorerst nicht geben.

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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