Starkbierfest:Beim Derblecken kommt Pöcking auf den Hund

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Beim Politiker-Derblecken in Pöcking präsentieren sich (von links): Albert Luppart, Bürgermeister Rainer Schnitzler und Wolfram Staufenberg mit ihren Pappvierbeinern sowie Mitspieler Horst Curth. (Foto: Georgine Treybal)

Redenschreiber und Regisseur Erich Kasberger setzt beim Kabarettabend im voll besetzten Beccult auf feine Spitzen und nicht auf Witze unter der Gürtellinie.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Pöcking

Ein kleiner Stoffhund fährt auf Rädern über die Bühne. Das ferngesteuerte Tier ist ein "falscher Hund", er kann programmiert werden, wie man ihn haben will. Das ist mit den Pöckinger Bürgermeistern nicht so leicht möglich. Als sie nach dem Motto "Hund sans scho" als Hunde-Pappfiguren mit den Köpfen von Rathauschef Rainer Schnitzler sowie seinen Vertretern Albert Luppart und Wolfram Staufenberg präsentiert werden, gibt es tosenden Applaus und Gelächter im voll besetzten Beccult. Zum 25. Mal fand am Samstag das Starkbierfest mit Derblecken statt. Was Mitte der Neunzigerjahre als Wahlkampf-Gag der PWG (Parteilose Wählergruppe, nicht Freie Wähler", darauf legte der Vorsitzende Luppart großen Wert) begann, hat sich zu einem gelungenen Kabarettabend entwickelt.

Seit Redenschreiber und Regisseur Erich Kasberger Ideengeber der Veranstaltung ist, sucht man Spottverserl nach der Haudrauf-Methode ebenso vergeblich wie Witze unter der Gürtellinie. Schade, dass das Pöckinger Derblecken nur einmal im Jahr stattfindet. Wiederholungen würden den Saal sicherlich mehrmals füllen, und für die Mitspieler hätte sich das aufwendige Lernen der Texte wenigstens gelohnt. Alleinunterhalter Hans-Horst Glas und Horst Curth waren von Anfang an dabei. Ludwig Gansneder, in dessen Zimmerei das Spektakel begann, verstärkt seit ein paar Jahren das Kabarettisten-Team zusammen mit Christl Peuker und Katharina Glas.

Regisseur Erich Kasberger präsentiert seine Humorspritze. (Foto: Georgine Treybal)
Mitspieler Ludwig Gansneder und Katharina Glas haben beim Spaziergang mit Hund gleich einen Müllsack dabei. (Foto: Georgine Treybal)

Kasberger, der bereits im vergangenen Jahr für die Texte verantwortlich war, verfährt nach dem Motto "vorne herum Derblecken und nicht hintenrum ausrichten". Er ist bereits während seiner Studienzeit in München als Musik-Kabarettist aufgetreten und hat seither nichts verlernt. Der Historiker und Pöckinger Galerist verteilt seine Spitzen feinsinnig; sie treffen stets ins Schwarze. Und weil er niemanden beleidigen will, entschuldigt er sich vorsichtshalber gleich zu Beginn der Veranstaltung. Wen die Seitenhiebe dennoch wurmen, für dem gibt es Wurmsalbe, Entwurmungstabletten oder ein Trostpflaster. Beim Rundumschlag wettert er gegen die AfD ("Pöckinger AfD-Wähler schaltet Euer Hirn ein, solange ihr noch eins habt") und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger lässt er sagen: "Ich bin als Bauer schlauer und als Minister nicht blöder als Söder".

Der PWG-Vorsitzende Luppart hält eine gewohnt launige Eröffnungsrede. Er weist bereits auf das Hauptthema des Abends hin, indem er die Erhöhung der Hundesteuer kritisiert als "Kleinvieh, das bekanntlich auch Mist macht".

Keine Frage, die Gemeinde ist auf den Hund gekommen, nicht im Sinne der ursprünglichen Bedeutung, dass die Gemeinde am Boden liegt, sondern vielmehr, dass der finanzielle Abstieg droht; denn das Vermögen der Gemeinde schwindet rapide. Abhilfe könnten Pöckinger Hunde als "Gelddruckmaschine" schaffen. Nach Südtiroler Vorbild wird eine DNA-Datenbank für Hunde angelegt und für jeden Hundehaufen gibt es Strafen. Mit den Ross-Bollen der Pferde könnte man ähnlich verfahren. Auf einer Hundebeerdigung zeigt der Tierbestatter, "wo der Hund in Pöcking begraben liegt". Das sind alle Projekte, die entweder gescheitert sind (Radbrücke beim Maxhofkreisel), gekürzt (Zuschüsse für Vereine) oder auf Eis gelegten wurden (Einheimischenmodell am Bründl).

Sie wissen, wo der Hund begraben liegt: die drei Mitspieler hinter den Hund-Masken. (Foto: Georgine Treybal)

Zunächst allerdings bekommen die drei Bürgermeister ihr Fett weg. "Mischling" Luppart ist "der größte Hund", weil er sich nicht klein machen kann und nicht zu bändigen ist. Staufenberg frisst gerne und ist nur jagdtauglich, wenn man ihn trägt. Schnitzler wird als zuverlässig und treuherzig charakterisiert, dem der letzte Biss fehlt: "Als Hund wäre er eine Katastrophe, aber als Mensch ist er unersetzlich." Wie beliebt Schnitzler ist, zeigt sich bei der Versteigerung der Hunde-Pappfiguren. Während Staufenberg sein Ebenbild für 100 Euro bekommt und Luppart für 150 Euro, liefern sich bei ihm Ehefrau Michaela sowie SPD-Kommunalpolitikerin Ameli Erhard einen Überbietungswettbewerb, bis Schnitzler am Ende 220 Euro zahlen muss.

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