Wohnungsbau am Starnberger See:Zwischen Wut und herber Enttäuschung

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Die Großbaustelle am südlichen Ortsrand von Berg ist verwaist. Denn der Projektentwickler "Euroboden Berg am Starnberger See GmbH" ist insolvent. (Foto: Arlet Ulfers)

Nach der Insolvenz des Projektentwicklers "Euroboden" steht in Berg eine Großbaustelle still. Und etwa 30 Baufirmen, Planer und Lieferanten von der Gläubigerliste fragen sich, ob und wie es weitergeht.

Von Sabine Bader, Berg

Zuerst war Anton Sedlmaier nur wütend, jetzt ist die Wut herber Enttäuschung gewichen. Der Starnberger Bauunternehmer hat mit seiner Firma die Erdarbeiten auf dem Grundstück am südlichen Berger Ortsrand gemacht. Und jetzt ist der Bauherr, der Projektentwickler "Euroboden Berg am Starnberger See GmbH", insolvent. Von der Pleite überrascht wurde Sedlmaier bei einer der jüngsten wöchentlichen Besprechungen auf der Baustelle. Eine Mitarbeiterin des Projektentwicklers habe den betroffenen Handwerkern die Hiobsbotschaft überbracht.

"Sauerei", sagt Sedlmaier, wenn er an die Besprechung denkt. "Ich habe der Frau gleich gesagt, der Bauherr soll gefälligst seinen Geldbeutel aufmachen und mit seinem Privatvermögen die GmbH stützen," erinnert sich Sedlmaier und schimpft bei dem Gedanken daran weiter. "Wir Handwerker schauen jetzt mit dem Ofenrohr ins Gebirge."

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Auf der Gläubigerliste des Projektentwicklers stehen rund 30 Baufirmen, Planer und Lieferanten. Sie alle hoffen aus der Insolvenzmasse wenigstens einen Teil der ausständigen Summen einfordern zu können. Sedlmaier: "Uns tut jeder Euro weh, den wir nicht bekommen." Am 7. September hatte die "Euroboden Berg am Starnberger See GmbH" beim Amtsgericht München Insolvenzantrag gestellt. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist Axel Bierbach von der Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen in München. Nach seinen Angaben ist es "vor allem aufgrund von gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten, dem Anstieg der Bauzinsen sowie aufgrund von Nachfrageeinbrüchen" zu den wirtschaftlichen Schwierigkeiten gekommen.

Seit November 2021 hat Sedlmaier mit seinen Mitarbeitern auf dem 6200 Quadratmeter großen Gelände zwischen Seeshaupter Straße und Schatzlgasse in Berg gewerkelt. Auf dem besagten Areal lagern noch 500 Kubikmeter Kies und Sand für das Vorhaben, die bisher nicht verbaut sind, sagt Sedlmaier. "Alles totes Kapital." Der Starnberger Bauunternehmer hat in seinem Betrieb 28 Mitarbeiter, die gilt es monatlich zu bezahlen. Viele Baufahrzeuge seien auf der Baustelle über einen langen Zeitraum eingesetzt gewesen. "Wir haben unser Soll erfüllt, jetzt haben wir das Nachsehen." Natürlich hofft Sedlmaier noch immer, dass ein anderes Unternehmen in das halbfertige Projekt einsteigt und die vier mehrspännigen Gebäude mit je sechs Reihenhäusern fertigstellt. Mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter hat Sedlmaier nach eigenen Angaben bisher keinen Kontakt gehabt.

Der Architekt sagt: "Ich spreche nicht über Geld."

Anders Tim Sittmann-Haury. Der Architekt und Generalplaner der "Raumstation Architekten GmbH" aus Starnberg steht, wie er sagt, mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter Axel Bierbach und den Vertretern der Euroboden Berg "in regem Austausch". Sittmann-Haury ist es wichtig, ein möglichst differenziertes Bild von der verzwickten Sachlage zu zeichnen: "Klar, es ist für alle Beteiligten eine Katastrophe." Ob er selbst noch finanzielle Außenstände hat, möchte er nicht sagen: "Ich spreche nicht über Geld." Der Architekt kommt zu dem Schluss: "Man konnte damals nicht abschätzen, wie dramatisch sich der Immobilienmarkt verändern würde. Darum müssen in dem heutigen Zinsumfeld sehr wahrscheinlich die Kaufpreise niedriger ausfallen."

Als man mit dem Projekt begann, war man davon ausgegangen, dass sich jedes der 24 Galeriehäuser für 1,5 bis zwei Millionen Euro verkaufen lässt. Trotz der ganzen Misere nennt Sittmann-Haury den Bauherren "verantwortungsvoll". Ganz nach dem Motto: "Die Hoffnung stirbt zuletzt", glaubt er fest daran, dass sich ein anderer Unternehmer findet, der die Häuser fertig baut - und zwar mit den bisher beteiligen Handwerkern. Denn diese hätten sehr gut gearbeitet.

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