Ökologie:Aufwärts schwimmen

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Mit einem Bypass soll das Wehr im Uttinger Mühlbach künftig auch eine Aufstiegsmöglichkeit für Fische wie Seeforelle und Mühlkoppe erhalten. (Foto: Nila Thiel)

Der Uttinger Mühlbach soll ökologisch aufgewertet werden.

Von Armin Greune, Utting

Er ist ein tückisches Gewässer. Der Mühlbach in Utting führt derzeit an den meisten Stellen nur knöchelhoch Wasser, aber er kann binnen Minuten zu einem tobenden Wildbach anschwellen. 2013 verlor ein Mann das Leben, als er in den Hochwasser führenden Bach fiel und ertrank. Beim Pfingsthochwasser im Jahr 1999 blieb das 6,3 Kilometer lange Gewässer in seinem Bett, dafür trat er 2001 und 2002 nach lokal begrenzten Starkregen über die Ufer. Komplizierte Verhandlungen mit den Grundeigentümern verzögerten den Baubeginn für zwei Rückhaltebecken oberhalb des Ortes um Jahre. Erst im November 2015 erfolgte der erste Spatenstich, inzwischen sind sie fertiggestellt. Der erste Bauabschnitt hat 1,6 Millionen Euro gekostet, bedarf aber noch einer Ergänzung. Um höhere Zuschüsse zu erhalten, hat sich die Gemeinde verpflichtet, den Bach ökologisch aufzuwerten, indem man die Aufstiegsmöglichkeiten für Fische verbessert.

Dieser zweite Bauabschnitt sollte aus finanziellen Gründen in zwei Phasen ausgeführt werden, sagte Bürgermeister Josef Lutzenberger im Gemeinderat. Zunächst müssten alle Hindernisse im Bachlauf durch das Dorfgebiet beseitigt werden. Dann soll der Bau des Fischaufstiegs am Wehr angegangen werden, für den Utting eine separate Förderung beantragen kann. Stephan Geier vom Ingenieurbüro Wittke stellte die Planung vor.

Bei einer Begehung des Mühlbachs im Bereich von der Mündung in den Ammersee bis zum Tal des Lebens hatte Geier eine Reihe von baulichen Mängeln in der Uferbefestigung bemerkt, die saniert werden müssten. Stellenweise sind Betonteile eingebrochen, die Kosten für die Reparatur schätzte Geier auf insgesamt etwa 100 000 Euro. Auch wenn der Mühlbach dort in Privatbesitz der Anlieger ist, muss die Gemeinde für den Unterhalt des Gewässers dritter Ordnung aufkommen.

Um auch bei niedrigstem Wasserstand die Durchgängigkeit für Fische zu gewährleisten, will Geier Sohlschwellen durch raue Rampen ersetzen. Insbesondere unter den Brücken soll der Querschnitt des Bachlaufes mit einem Trockenwettergerinne verengt werden. Entlang der Mühlbachstraße plant Geier den Einbau von Steinen und Totholz zur ökologischen Aufwertung, am Dorfbrunnen ist eventuell vorgesehen, mit Stufen einen Zugang zu schaffen. Alle diese Maßnahmen könnten mit 150 000 Euro zu Buche schlagen.

Die Kosten für die Aufstiegshilfe am Wehr bezifferte der Planer auf 300 000 Euro. Ursprünglich war geplant, das 2,90 Meter hohe Wehr für 380 000 Euro zu einer 55 Meter langen stufigen Anlage mit 23 Einzelbecken umzubauen. Doch so ließen sich kaum die unterschiedlichen Anforderungen bei Hoch- und Niedrigwasser abdecken, sagte Geier: Der Abfluss des Mühlbachs schwankte nach seinen Worten in den vergangenen Jahren zwischen 50 und 1500 Liter pro Sekunde. Die Hochwasserfreilegung ist nun auf ein Jahrhunderthochwasser mit 7500 Litern pro Sekunde ausgelegt; seit dem Frühjahr ist aber von dem Bach nur noch ein mageres Rinnsal vorhanden. Deshalb regte Geier den Bau eines Bypasses südlich vom Wehr an, den die Fische bei geringem Wasserstand benutzen können, während bei Starkregen die Fluten durch das Hauptgerinne des Wehrs abgeführt werden.

Der Gemeinderat stimmte seinem Konzept zu. Nun soll es gemeinsam mit den Anliegern im Rahmen eines Planfeststellungsverfahren besprochen werden. Mit einem Baubeginn ist frühestens im Herbst nächsten Jahres zu rechnen. Doch der Rechtsstreit um die Hochwasserfreilegung ist noch nicht beigelegt. Ein Grundeigentümer kämpft um Entschädigung, wenn durch den Rückstau am neuen Damm sein angrenzendes Grünland überflutet wird. Der Schadenersatz hängt vom wirtschaftlichen Wert der Wiese ab. Der Kläger will dort schon seit zehn Jahren eine Fischzuchtanlage errichten, was der Gemeinderat stets abgelehnt hat. Zur jüngsten Sitzung lag nun ein Antrag auf Errichtung einer Aquakultur im Staubereich des Damms vor. In zwei Teichen und einem Aufzuchtbecken sollen Krebse, Muscheln und Fische gehalten werden. Auch wenn das Landratsamt daraus keine erhöhten Schadenersatzansprüche ableitet, verweigerte der Gemeinderat in Hinblick auf den laufenden Rechtsstreit abermals seine Zustimmung.

© SZ vom 24.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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