Also, jetzt mal offen und ehrlich: Kennt's ihr auch so Worte, die man eigentlich gar nicht benutzen soll und die man trotzdem überall hört? Ja? Das ist geil! Also, ich meine natürlich schön. Vor 150 Jahren noch hätte ich wahrscheinlich richtig Ärger mit den Sprachpäpsten bekommen, wenn ich das begierige Wörtlein benutzt hätte. Aber heutzutage ist ja alles irgendwie geil - wenn nicht sogar mega-, sau-, affen-, super- oder endkrassgeil. Längst hat sich im Sprachgebrauch die rhetorische Fragewendung "Wie geil ist das denn, bitte?" eingebürgert.
Vor allem Musiker hatten immer schon ungehemmte Freude an der Verwendung des Adjektivs. Die Neue-Deutsche-Welle-Kombo Extrabreit etwa sang: "Das ist geil, das ist geil - Hurra, Hurra, die Schule brennt". Oder: "Amaretto ist ein geiles Zeug, ich bin schon lull und lall" (Spliff). Marius Müller-Westernhagen sang: "Dann trinken wir Schampus, bis wir verrecken. Und wer das nicht geil findet, der kann uns mal". Bruce & Bongo landeten mit "Geil" dagegen prompt auf dem Index bayerischer Radiosender. Nicht besser erging es der schönen "Layla" - ein Ballermann-Kracher mit viel zu anrüchiger Lyrik. Auch die Gruppe "Juli" besang eine "Geile Zeit" - die nun aber vorbei ist.
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Ja, alles mögliche kann "geil" sein, ganz ohne Hintergedanken: Das Wort hat seine anrüchige Konnotation fast vollständig verloren, es kann stellvertretend verwendet werden für alles, was faszinierend, fett, krass, außergewöhnlich ist. Sogar in negativem Sinn: machtgeil, geldgeil, karrieregeil. Und neuerdings kursiert auch ein alter Werbeslogan ganz ungeil in vielen bayerischen Rathäusern: "Geiz ist geil!"
Die wunderbare Welt der Leibesertüchtigungen wiederum beschert uns geile Spiele, geile Tore, geilen Sport. Und Herrschings Volleyballer betiteln sich selbst als "Geilster Club der Welt", kurz: GCDW. Doch damit nicht genug: Jetzt gibt's dort auch "Die geilste Limo der Welt" - ein Getränk in Geschmacksrichtung Limette und Basilikum, mit dem ein Waisenprojekt in Eswatini unterstützt werden soll. Erfunden hat's Umusa-Jungunternehmer Freiherr Jacob von Perger - und bappte höchstpersönlich die Etiketten auf die ersten 150 Flaschen der Charity-Bio-Limonade in Sonder-Edition.
Über Effekte der neuen Limonade ist bislang nichts bekannt. Ob sie nun geil ist oder nur geil macht, wird man noch herausfinden müssen. Ideale Tester gäbe es auf dem Münchner Oktoberfest. Doch auf der Wiesn, dem geilsten Volksfest der Welt, wird voraussichtlich weder die Layla zu hören noch die Wohltätigkeitsbrause zu kaufen sein. Schade, denn die Idee ist grundsätzlich geil. Ich hätte da auch eine, muss mal mit dem Perger reden: Wie wär's mit einem Starnberger Super-Bio-Seetrunk? Seewasser mit Seerose, Seegurke und Seegras. Das könnte echt geil, äh, lecker schmecken, glaubt euer Nepomuk