Nepomuk:Hinten ist bald wieder vorne

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Die Starnberger Stadträte halten sich eisern an die Corona-Regeln, jedenfalls in den vorderen Reihen

Kolumne von Eurem Nepomuk

Mann, Leute, da hab' ich ganz schön was einstecken müssen. Bloß weil mir hier kürzlich rausgerutscht ist, dass ich's mit Kontaktbeschränkung und Ausgangssperre nicht so ernst nehm'. Wo sich doch an mir betagtem Wassergeist selbst das aggressivste Virus die Zähne ausbeißt. Was aber nichts daran geändert hat, dass es danach von allen Seiten auf Euren armen Nepomuk einprasselte: Auch wenn ich immun sei, dürfe ich die Pandemie nicht verharmlosen. So spielte ich nur den wirren Protestlern in die Karten, die "Corona-Wahnsinn" brüllen, hieß es. Was mir dann aber wirklich einleuchtete, war das Argument, gerade ich hätte mit meinem totalen Durchblick und meiner rekordverdächtiger Lebenserfahrung eine besondere Vorbildfunktion. Seitdem lauf' ich nur noch mit FFP2-Karton vor der Klappe durch die Gegend - auch wenn's keiner sieht, weil der Mund-Nasen-Schutz an mir genauso unsichtbar wird wie meine Klamotten.

Oder glaubt ihr etwa, ich hocke nackig im Saal, um beim Starnberger Stadtrat zuzuhören? Apropos Vorbildcharakter: Da hocken sie alle trotz Sicherheitsabstand nur noch maskiert an den Tischen. Stündlich wird pausiert, damit alle zwischendurch draußen ungefilterte Luft schnaufen können. In der riesigen Schlossberghalle verlieren sich die Stuhlreihen im Raum - was zur Folge hat, dass die Distanz zum Sitzungsleiter und Bürgermeister schon mal so groß ist, dass Blickkontakt nur mit Operngläsern möglich wäre.

Damit sich aber keiner dauerhaft zurückgesetzt fühlt, wird bei der Sitzordnung nun sogar rotiert. Diese Woche durfte die kleine FDP auch mal ganz nach vorn. Mein Spezi, der Fiedler Marc, war wohl so fasziniert von Gestik und Mimik des Rathauschefs, dass er ganz in Gedanken seine Maske abnahm, um einen Schluck Wasser zu trinken. Doch das ist nicht erlaubt! Wie ein Papa hat der gute Janik Patrick aber ganz cool reagiert und nur sanft rügend mit dem Zeigefinger gewedelt - woraufhin sich der Marc samt Wasserflasche brav aus der Halle trollte.

Die Hinterbänkler von der CSU haben da bloß gefeixt. Denn die stillten ihren Durst die ganze Zeit ungefiltert, ungeniert und ungestört. Genau wie früher im Klassenzimmer: beste Stimmung in der hintersten Reihe. Vorbild hin oder her - mich hat's zur Schulzeit auch immer zu den Lümmeln der letzten Bank gezogen. Doch bei der nächsten Sitzung ist hinten wieder vorn und umgekehrt: Da werden die Sitzplätze nämlich garantiert getauscht, weiß Euer Nepomuk

© SZ vom 30.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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