Nach der Stichwahl in Gauting:Hand in Hand

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Bislang war die CSU-Mehrheit im Gemeinderat wenig auf Konsens gedacht. Das könnte sich ändern. Die Bürgermeisterin und ihr knapp unterlegener Herausforderer jedenfalls kündigen an, die Probleme gemeinsam anzupacken.

Von Michael Berzl, Gauting

Dieser Handschlag am Wahlabend könnte Symbolkraft weit über den Tag hinaus haben: Kaum hatte die Auszählung der Stimmen ergeben, dass Gautings CSU-Bürgermeisterin Brigitte Kössinger die Stichwahl knapp gewonnen hat, kam der unterlegene Grünen-Kandidat Hans Wilhelm Knape zum Gratulieren. Normalerweise achtet die Rathauschefin sehr genau auf die Sicherheitsbestimmungen in Corona-Zeiten, wahrt Distanz und geht auf Abstand. Händeschütteln kommt für sie derzeit gar nicht infrage. Dass sie diesmal die freundliche Geste nicht verweigern wollte, ist daher durchaus bemerkenswert. Und dabei blieb es nicht. Beide Kandidaten, die in der Wählergunst so unerwartet dicht beieinander liegen, veröffentlichten am Tag da nach Erklärungen mit versöhnlichen Worten.

"Wir wollen mit allen Gruppierungen, insbesondere auch mit HW Knape, anpacken und die nächsten sechs Jahre unsere Gemeinde zusammen voranbringen", heißt es in einem Facebook-Post Kössingers, in dem sie eine fast schon kumpelhafte Abkürzung des Vornamen Hans Wilhelm verwendet, die sonst wohl eher im Freundeskreis üblich sein dürfte. Knape wiederum wünscht Kössinger ebenfalls via Facebook "ein gutes Händchen" für die Bewältigung der Aufgaben in den kommenden Monaten und Jahren. Ganz sicher sei aber das Ergebnis der Stichwahl "kein Appell", so weiterzumachen wie bisher. Damit meint er den bislang wenig auf Konsens bedachten Kurs der konservativen Mehrheit im Gemeinderat.

Jubel nach bangem Warten: Bürgermeisterin Brigitte Kössinger ist sichtlich erleichtert, als feststeht, dass sie die Stichwahl gewonnen hat. (Foto: Nila Thiel)

Als Mitglied einer starken Grünen-Fraktion mit acht Sitzen werde er seinen Kurs "für mehr Augenmaß, mehr Klimaschutz und mehr Miteinander in Gauting konsequent fortsetzen", kündigt Knape an. Mehr denn je komme es in einem Gemeinderat ohne eindeutige Mehrheiten "auf einen fairen und konstruktiven Umgang miteinander an". Er freue sich auf die Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen im Gemeinderat. Mit solchen versöhnlich klingenden Erklärungen bekräftigen die im Amt bestätigte Bürgermeisterin und ihr knapp unterlegener Herausforderer, was sie schon am Wahlabend in einem kurzen Vier-Augen-Gespräch vereinbart haben: mehr als bisher nach den Gemeinsamkeiten zu suchen.

Diesen Wunsch gibt es auch in anderen Fraktionen. So sieht Vize-Bürgermeister Jürgen Sklarek in der jetzigen Situation mit einem nahezu paritätischen Kräfteverhältnis sogar eine Chance. Im neuen, auf 30 Sitze erweiterten Gemeinderat hat die CSU neun Sitze, die im Vergleich zu vorher wesentlich stärkeren Grünen sind mit acht Mandaten vertreten. Sklareks Gruppierung "Miteinander Füreinander 82131" (Mifü) hat künftig drei Sitze im Gemeinderat, ebenso wie die FDP und die Liste "Menschen für Gauting - Piratenpartei". Jeweils zwei Mandate gingen an die SPD, die Knape unterstützt haben, und die UBG, die der CSU und Kössinger nahe stehen.

Gebannt blickt Hans Wilhelm Knape in einem Klassenzimmer auf ein Display mit den Wahlergebnissen. (Foto: Nila Thiel)

In so mancher strittigen kommunalpolitischen Frage gewänne die Haltung von FDP und Mifü entscheidende Bedeutung. Bei einem Patt der großen Blöcke könnten sie die Rolle des Züngleins an der Waage übernehmen. Insgesamt aber meint Sklarek, die Gemeinderäte müssten versuchen, aufeinander zuzugehen.

So sieht das auch Tobias McFadden, der bisher für die Piratenpartei im Gemeinderat sitzt. Künftig werde es für Bürgermeisterin Kössinger sicherlich schwieriger, Mehrheiten für Projekte zu finden. Quer durch den Gemeinderat könnte es jetzt wechselnde Mehrheiten geben. Zu dem überraschend knappen Ausgang der Stichwahl, bei der die Amtsinhaberin nur noch ein Prozent vor ihrem Herausforderer liegt, meint McFadden: "Das ist schon ein Schuss vor den Bug gewesen." Er ist aber skeptisch, wie lange so ein Schreck wirkt: "Daran kann sich in zwei Monaten keiner mehr erinnern, dass es nur so wenige Stimmen Unterschied waren."

© SZ vom 31.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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