Münsing:Kampf im Vorstand

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Im Ostuferschutzverband eskaliert ein jahrealter Streit.

Von Benjamin Engel

Als vulkanisches Gebiet ist der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen unbekannt, Eruptionen anderer Art können aber durchaus vorkommen. So könnte man den Prozess umschreiben, der sich gerade im Ostuferschutzverband (OSV) vollzieht. Wie Magma plötzlich zur Erdoberfläche aufsteigt und sich übers Land ergießt, hat es auch in dem Verein jahrelang geköchelt. Der konkrete Fall: Im Juni hatte die erste Vorsitzende Ursula Scriba zur Mitgliederversammlung ins Gasthaus Gerer für Freitag, 15. Juli, um 19.30 Uhr geladen - ohne sich mit den übrigen Vorstandsmitgliedern vorher abzusprechen. Daraufhin stimmte der Zweite Vorsitzende Johannes Umbreit mit dem Rest des Vorstands für eine eigene Mitgliederversammlung - selber Tag, selbe Uhrzeit, nur ein anderer Ort, nämlich der Nebenraum des Münsinger Ristorante Pinocchio. Die mehr als 200 Verbandsmitglieder sind also gezwungen, sich zu entscheiden, wohin sie sich an diesem Abend begeben wollen.

Unterschwellig ist das Verhältnis im OSV-Vorstand schon jahrelang spannungsgeladen. Dabei geht es vor allem um das geplante Seniorenwohnstift in Ambach, wofür Vorsitzende Scriba als Gemeinderätin der Bürgerliste schlussendlich gestimmt hat. Die übrigen Vorstandskollegen hatten das Projekt des Kuratoriums Wohnen im Alter (KWA) und dessen Dimensionen dagegen abgelehnt. Die divergierenden Strömungen wieder zusammenzufügen, scheint kaum möglich zu sein. "Meine Einladung ist rechtmäßig", sagt Scriba. Die werde sie auch so aufrechterhalten. Der Vorstand sei kein Gesamtorgan. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) seien nur der erste und zweite Vorsitzende vertretungsberechtigt. Dafür verweist Scriba auf Paragraph 8 der OSV-Satzung. "Es gibt aber nicht zwei erste Vorsitzende." Der erste führe die Geschäfte und der zweite vertrete nur.

Wer Koch und Kellner ist, hat Scriba aus ihrer Sicht klargestellt. Das Vorgehen ihrer Vorstandskollegen betrübe sie, sagte sie. Auf die Gegenseite zuzugehen, scheint sie aber nicht zu wollen. "Wer einfach so loslegt, muss mit den Konsequenzen rechnen", sagt Scriba. Im Übrigen habe sie stets dafür eingesetzt, dass die Baumasse für das geplante Seniorenwohnstift reduziert werde. "Mehr kann ich nicht tun."

Aus Sicht des Restvorstands hätte sie dagegen eine Vorstandssitzung einberufen müssen, bevor sie zur Mitgliederversammlung einlud. "Schon seit 2019 gab es keine Vorstandssitzungen mehr", so Beisitzer Gustav Neumeister. Für ihn widerspricht es der gängigen Vereinsübung und der Rechtsprechung, dass Scriba ohne einen Vorstandsbeschluss zur Mitgliederversammlung geladen habe.

Für den 26. Juni habe der Zweite Vorsitzende Umbreit den Vorstand zusammengerufen, doch Scriba sei nicht gekommen, so Neumeister. Daraufhin habe man das Ristorante Pinocchio als Versammlungsort bestimmt. Der Nebenraum im Gasthaus Gerer sei so eng, dass eine erhöhtes Infektionsrisiko in Zeiten mit steigenden Coronavirus-Inzidenzen drohe. Zudem müsse dringend über die künftige Ausrichtung des OSV diskutiert werden. Um schneller auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren, brauche der Vorstand ein schriftliches Umlaufverfahren, Telefon- und Videokonferenzen, sowie die Möglichkeit für Mehrheitsentscheidungen. Darüber solle in der Mitgliederversammlung abgestimmt werden. "Wir hoffen, dass wir Frau Scriba von unseren Argumenten überzeugen können und wir einen vernünftigen Tagungsort haben", sagt Neumeister. Zentral sei für den OSV einzig, dass die landschaftliche Schönheit und kulturelle Eigenart des Ostufers am Starnberger See erhalten bleibe. Das dürfte Vorsitzende Scriba wohl kaum anders sagen.

© SZ vom 07.07.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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