Mitbestimmung:Smartphone und Süßigkeiten

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Die Schülervertreter verhandeln mit dem Pädagogischen Leiter der Lebenshilfe, Christian Münzel (Mitte) die Wünsche der Schüler. Verbindungslehrerin Almuth Donnelly (Mitte hinten) begleitet die Jugendlichen (von li. nach re.) Elena März, Gil Schmäck, Frederik Schüren, Azad Salem und Marc Thallmayr (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Wünsche der Schüler der Franziskusschule für Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung unterscheiden sich nicht von denen anderer. Auch die Arbeit der Schulsprecher gestaltet sich ähnlich

Von Tabea Huser, Starnberg

Vor hunderten Menschen eine Rede zu halten, ist für Erwachsene schwer und für Teenager noch heikler. Um Schulsprecher zu werden, mussten Marc, Gil und Elena vor der gesamten Schülerschaft eine Wahlrede halten. Nervenkitzel, Anspannung, Schweiß - doch sie konnten sich durchsetzen. Die drei Jugendlichen wurden zu den Schulsprechern der Franziskusschule Starnberg gewählt, einer Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung.

Die drei Teenager haben eine geistige Behinderung, die Arbeit der Schülermitverwaltung (SMV) unterscheidet sich aber kaum von der eines Gymnasium. Sie fordern neue Bänke und Sofas, einen Süßigkeitenautomaten und mehr Ausflüge. Darum machen sich die Schüler auf den Weg, sie wollen nicht nur mit der Schulleitung sprechen, sondern mit einem Chef der Lebenshilfe, zu der die Förderschule gehört.

Am Mittwoch haben die drei SMV-Sprecher und zwei weitere Schüler die Geschäftsstelle der Lebenshilfe besucht und die Wünsche ihrer Mitschüler mitgebracht. Der Pädagogische Leiter Christian Münzel nimmt sich für die Diskussion und ein Kennenlernen Zeit. Als erstes will Gil wissen: "Wie ist es mit Handys an der Schule?" Tablets werden im Unterrichtsalltag intensiv genutzt, vor allem auch wegen der Spracherkennung, führt die Verbindungslehrerin Almuth Donnelly weiter aus. Donnelly ist Teil der SMV und assistiert den Jugendlichen dabei, ihre Anliegen in Worte zu fassen, und dient als Mittlerin zwischen Lehrern und Schülern.

Keine leichte Frage. Münzel hört sich die Forderung an und erklärt den Jugendlichen ruhig, dass er gegen Handys im Pausenhof sei, da sonst alle gleichzeitig Musik abspielten. Im Unterricht liege die Entscheidung aber beim Lehrer. Keine Enttäuschung oder Diskussion, die SMV-Vertreter hören zu und nicken zustimmend. Weiter auseinander liegen die Meinungen zwar beim Thema Süßigkeitenautomat, doch auch da verstehen die Jugendlichen Münzels Argumente. Der 15-jährige Azad bemerkt selbst schnell, dass ein Automat eine schlechte Idee sei, da nicht jedes Kind gleichviel Geld für Süßigkeiten ausgeben kann.

Die Jugendlichen arbeiten eine Liste voll mit Wünschen der Schüler ab, auf Begeisterung stößt Frederiks Vorschlag. Er will ein Fußballturnier organisieren und Trainer aus Unterhaching und Nürnberg einladen. Frederik gehört nicht zur SMV, der 16-Jährige will seine Idee aber selbst vorstellen, er bietet an, die Trainer anzuschreiben. Aber zu einem Turnier gehörten auch Würstchen und Getränke, sagt er. Woher kommt das Geld? Diese Frage steht hinter mehreren Forderungen der Schüler, sie brauchen neue Sonnenschirme für mehr Schatten auf dem Schulhof und wollen eine Bücherecke. Der Pädagogische Leiter Münzel macht Hoffnung. Wenn die Schüler ihre Wünsche konkret formulierten, dann sei er sich ziemlich sicher, dass Spenden verfügbar seien.

In jeder Schulform lernen Jugendliche, Ideen zu entwickeln und politisch zu handeln, die SMV an der Franziskusschule verfolgt das gleiche Ziel. Marc, der zum zweiten Mal gewählt wurde, findet, dass das Amt Mut macht. Almuth Donnelly bestätigt, durch den Posten gewännen die Teenager an Selbstvertrauen. Auch die Diskussionen mit anderen Schülern, ob der nächste Ausflug in den Circus Krone gehen soll oder doch in die Allianz Arena, hilft den Jugendlichen, eine Meinung zu entwickeln.

Die 18-jährige Elena trägt ihre Meinung gegenüber dem Pädagogischen Leiter überzeugend vor: "Am Montag und Dienstag haben wir Filzen, das ist zu langweilig. Wollen wir nicht lieber in die Turnhalle Sport machen?" Doch daran kann Münzel nichts ändern, er gibt zu, dass er Handarbeit auch immer langweilig fand, doch da müsse Elena durch.

Am Freitag, 22. Februar, 9.30 bis 13 Uhr, lädt die Franziskusschule, Zeppelinpromenade 9, zu einem Tag der offenen Tür ein. Die Schülermitverwaltung bietet Führungen an.

© SZ vom 22.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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