Mangelnde Nahversorgung:Fünf Läden mehr und trotzdem zu wenig

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Ein Bild aus vergangenen Tagen, als die Inninger noch im Kaufhaus Seldmayr einkaufen konnten. Seit Jahren steht es jetzt schon leer. (Foto: Treybal)

Während die Nahversorgung in den großen Gemeinden gut funktioniert, schaut es in den kleinen Dörfern schlecht aus

Von Astrid Becker, Starnberg

Das Kaufhaus Sedlmayr in der kleinen Ammerseegemeinde Inning ist nur ein Beispiel. Alles gab es früher dort, von Kleidung und Schreibwaren über Heizöl bis hin zu Feinkost und Weißwürsten. Und was es nicht gab, wurde für den Kunden besorgt. Mitten im Ort war dieser Laden situiert - gut erreichbar für jeden, der in der Gemeinde zu Hause war. Seit vielen Jahren schon ist dieses Geschäft geschlossen. Auch die zwei kleinen Tante-Emma-Läden in Steinebach gibt es längst nicht mehr. Dennoch steht der Landkreis Starnberg in Sachen Nahversorgung bei weitem nicht so schlecht da wie andere Regionen in Bayern. Das belegen Zahlen des Wirtschaftsministeriums, die der Bayerische Rundfunk (BR-Data) aufbereitet hat.

Dieser Recherche zufolge ist die Zahl der Lebensmittelgeschäfte im Kreis in den vergangenen zehn Jahren sogar gestiegen - um zehn Prozent. Den Daten, die im Internet unter http://web.br.de/interaktiv/ladensterben durch eine interaktive Karte dokumentiert werden, gibt es hierzulande fünf Geschäfte mehr als im Jahr 2005. Allerdings ist auch die Zahl der Einwohner im Kreis gestiegen - von 129 098 im September 2005 auf 132 188 im Juni 2015, der jüngsten Erhebung, die dem Landratsamt nach Aussagen von Sprecherin Barbara Beck dazu vorliegt. Damit hat sich die Nahversorgung im Kreis bei weitem besser entwickelt als in den meisten anderen Landkreisen und kreisfreien Städten in Bayern. Mit dem so genannten Speckgürtel rund um München hat diese Entwicklung allerdings nichts zu tun, was ein Blick in die Br-Karte zu den Kreisen in unmittelbarer Nachbarschaft zu Starnberg beweist. Schon in Fürstenfeldbruck und Weilheim-Schongau ist die Lage nicht mehr ganz so rosig, wenngleich dort kein Grund zum Jammern besteht: In beiden Kreisen gibt es immerhin zwei Geschäfte mehr als noch 2005 - bei gestiegenen Einwohnerzahlen.

In Bad Tölz-Wolfratshausen und Landsberg hingegen sieht es weitaus düsterer aus. Während der Schwund an Kramerläden im Kreis am westlichen Ammersee-ufer mit nur einem Geschäft weniger bei gestiegenen Einwohnerzahlen noch einigermaßen gemäßigt ausfällt, sieht es laut BR-Karte im Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen recht düster aus: Dort ist die Zahl der Lebensmittelläden in den vergangenen zehn Jahren um knapp 16 Prozent gesunken. In absoluten Zahlen gesprochen gibt es dort mittlerweile elf Geschäfte weniger als noch im Jahr 2005. Der Studie zufolge ist Bad Tölz-Wolfratshausen also als Kreis stärker vom Ladensterben betroffen als die meisten anderen Kreise und kreisfreien Städte.

Der Landkreis Starnberg kann sich also noch recht glücklich schätzen - zumindest wenn man den Erhebungen Glauben schenken mag. Tatsächlich jedoch gibt es auch hier Grund zur Sorge. Während sich in der Stadt Starnberg oder in einer großen Gemeinde wie Gilching oder Herrsching kaum jemand Gedanken machen muss, wie er seinen Kühlschrank wieder auffüllt, sieht es in den kleineren Kommunen schon schlechter aus. Zwar wird das öffentliche Verkehrsnetz immer besser ausgebaut, auf ein Auto können jedoch viele Menschen im Kreis schon allein des Einkaufens wegen kaum verzichten. Wer beispielsweise in Geisenbrunn oder Meiling wohnt, muss schon in den Nachbarort fahren, um Kaffee, Tee, Mehl oder Wurst zu erstehen. Während der Erlinger sich aufs Radl schwingen kann, um beim Benedikter fast alles zu bekommen, was sein Herz begehrt, hat es der Machtfinger im selben Gemeindegebiet eher schwer. Er muss etwa vier Kilometer fahren, wenn er zum Benedikter will. Auch in Wörthsee wird nicht ohne Grund der Ruf nach einem Dorfladen immer lauter. Eine Art Genossenschaft will dieses Vorhaben nun umsetzen.

Und in Inning? Da gibt es immerhin noch eine Metzgerei, eine Bäckerei und eine Supermarkt. Der allerdings liegt am südlichen Ortsausgang, für ältere Menschen vom anderen Ende nur schwer zu erreichen.

© SZ vom 20.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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