Wintersport:Ein Idyll aus Eis

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Für diesen Winterspaß muss man nicht weit fahren - und er kostet auch nichts: Der Maisinger See ist zugefroren und viele tummeln sich auf dem spiegelglatten Eis, gehen spazieren oder ziehen auf Schlittschuhen ihre Runden. (Foto: Nila Thiel)

Seit Kurzem ist der Maisinger See zugefroren - und schon tummeln sich viele auf der spiegelglatten Eisfläche. Doch die Tage, in denen man die Winterfreude bedenkenlos genießen kann, sind begrenzt.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Pöcking

Am Einstieg zum Maisinger See ist das Eis spiegelglatt. So durchscheinend ist es selten. Die Besucher an diesem Samstag sind rundum begeistert. Der Parkplatz ist voll, aber auf dem Eis geht es ruhig und diszipliniert zu. Wahrscheinlich trauen sich viele Eislaufbegeisterte noch nicht auf das Natureis. Schließlich liegen die Temperaturen erst seit wenigen Tagen unter dem Gefrierpunkt.

"Wir waren nicht sicher, ob der See zugefroren ist", sagt Ursula Krutsch. Sie schlüpft gerade in sehr ungewöhnliche Schlittschuhe. Die Kufen sind lang und schmal. Das seien Noren-Schlittschuhe, die die Niederländer verwenden, um auf den Grachten zu fahren, erklärt Krutsch. Sie habe zwölf Jahre in Holland gelebt und sei erst vor drei Jahren nach Feldafing zurückgekehrt. Jetzt wolle sie testen, ob das Eis auf dem Maisinger See schon sicher sei.

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Auch andere Besucher wagen sich nur sehr vorsichtig auf das Eis. Dem siebenjährigen Emil ist anzumerken, dass er sich gar nicht wohlfühlt. Kein Wunder - er ist bislang nur im Eisstadion Schlittschuh gelaufen. Das Natureis auf dem See "mag ich eigentlich gar nicht", sagt er.

Wolfgang Steininger aus Starnberg weiß, dass die Besucher bei so einem Traumwetter normalerweise an den See strömen. Jetzt ist er erstaunt, dass vergleichsweise wenig los ist. "Wir dachten, es ist total voll", sagt er. "Aber es ist schön. Besser könnte es nicht sein", schwärmt er - und bevor er sich seine Schlittschuhe anschnallt, setzt er sich erst einmal auf die Bank, um den Blick über den See und den in der Sonne glitzernden Schnee auf den Bäumen zu genießen. "Die winterliche Kulisse ist schon besonders", stimmt seine Banknachbarin Isabelle von Merrveldt zu. Da das Eis nach ihren Erfahrungen erst sicher ist, wenn mindestens eine Woche lang Minusgrade herrschen, wagt sie sich in dieser Saison erstmals aufs Eis.

Doch zum letzten Quäntchen Glück fehlt noch etwas: Jetzt müsste das Gasthaus Maisinger Seehof offen haben, damit man einen Glühwein genießen könnte, sind sich viele Besucher einig. Vorwiegend Schlittschuhläufer, die sich in ihrer Kindheit mit ihren Kameraden fröhliche Eishockey-Schlachten auf dem See geliefert haben, erinnern sich noch, als das Gasthaus an schönen Wintertagen geöffnet hatte und man heiße Getränke kaufen konnte. "Es war immer nett mit dem Ausschank", sagt Florian Viererbl aus Starnberg. Er ist mit seinem elfjährigen Sohn Quirin und seinem Hund Uso gekommen. Der Hund könne ihn auch ziehen, erklärt er stolz. "Aber Uso mag es nicht, wenn es so glatt ist", schränkt er ein und zeigt auf die spiegelglatte Fläche, die aussieht wie Glas.

Mal schauen, ob der Nachwuchs im Eishockeyduell schon ein ernst zu nehmender Gegner ist. (Foto: Nila Thiel)
Die Zeit, in der man den zugefrorenen Maisinger See wochenlang betreten konnte, ist schon lange vorbei, sagt Nina Eichinger. (Foto: Nila Thiel)

"Als ich Kind war, war ich wochenlang auf dem Eis", erinnert sich Nina Eichinger, die in der Nähe des Sees wohnt. Das sei aber schon lange vorbei. In den vergangenen Jahren sei so gut wie kein Winter gewesen. 2023 habe sie nur an zwei Wochenenden Schlittschuh laufen können. Heute ist sie das erste Mal mit ihrem siebenjährigen Sohn auf dem Eis. Nach ihren Beobachtungen hat sich erst vor zwei Tagen Eis auf dem See gebildet. Seither gehe ihr Nachbar täglich zum See und teste, ob das Eis hält. "Gestern hat er gesagt, man sollte noch einen Tag warten." Diesen Rat hat sie befolgt. Schließlich weiß sie seit ihrer Kindheit, dass das Natureis auf dem See unberechenbar ist und man einbrechen kann.

Monika Krawitz aus Starnberg erinnert sich ebenfalls an die Zeit, als noch wochenlang winterliche Temperaturen herrschten und der See viel länger zugefroren war. Mit ihren Kindern sei sie oft hier gewesen, sagt sie. Jetzt sieht sie dem Treiben lieber vom Ufer aus zu. Mit ihren 78 Jahren wage sie sich nicht mehr auf das Eis. "Das ist jetzt vorbei", meint sie mit Blick darauf, dass sie stürzen und sich verletzen könnte.

Das Traumwetter wollte eine Mutter nutzen und hat für sich und ihre Tochter spontan Schlittschuhe gekauft. Freudestrahlend packen die beiden ihre Eislaufschuhe aus und müssen nun feststellen, dass sich ein Plastikband, mit dem die Kufen zusammengeschweißt sind, nicht lösen lässt. "Hat jemand ein Messer dabei?", ruft die Mutter in die Runde und Gott sei Dank wird ihr geholfen.

Unberührt wirkt die Winterlandschaft am Maisinger See. (Foto: Nila Thiel)

In Ufernähe gleiten versierte Läufer langsam dahin, Eltern ziehen ihre Kleinkinder im Schlitten hinter sich her, andere Kinder schlittern juchzend auf Schuhen über das Eis. Wenn sie hinfallen, ist das kein Drama. Sie stehen lachend auf und probieren es erneut. Ein Vater kommt vom Parkplatz und trägt die Schlittschuhe seiner Kinder in Reih und Glied aufgehängt auf einem Eishockey-Schläger über der Schulter. Am Ufer hilft er jedem seiner Kinder geduldig in die Schlittschuhe.

Spaziergänger bleiben immer wieder stehen und zücken ihr Handy, um Schnappschüsse vom Treiben auf dem See zu machen. In der Ferne zieht ein Eissurfer seine Runden. Und in der Seemitte spielt eine Gruppe Jugendlicher Eishockey. "Wir haben gerade ein spielerisches Warm-up gemacht", erklärt ihr Trainer Markus Nirschl. "Ich bin immer der Erste auf dem Eis." Vom Klimawandel merkt er nicht viel. Aus Erfahrung wisse er, dass es immer Jahre mit und mal ohne Eis gebe, meint er lapidar. Im vergangenen Jahr sei er nur zwei Mal auf dem Eis gewesen. Vielleicht komme er heuer öfter dazu.

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