Starnberg:Ausgebremst von der Richterin

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Immer wieder stehen Autofahrer wegen ihres rücksichtslosen Fahrstils vor Gericht. (Foto: Oliver Berg/DPA)

Autofahrer versucht vor Gericht, seine gefährliche Manöver auf der A 95 zu rechtfertigen, zieht dann aber seinen Einspruch gegen den Strafbefehl zurück.

Von Christian Deussing, Starnberg

Der Autofahrer war stinksauer: Sein langsamerer Vordermann auf der linken Spur der Garmischer Autobahn (A 95) hatte bei Höhenrain für ihn den Weg nicht freigemacht. Deswegen überholte der Starnberger laut Anklage in Richtung München einen rechts fahrenden Laster auf der Standspur, um wieder ganz nach links zu ziehen. Dann setzte er sich knapp vor das andere Auto und bremste es aus. Der so gemaßregelte und bedrängte Fahrer aus Inning hatte die gefährliche Szene von Mai 2020 allerdings mit einer Dashcam gefilmt, die am Mittwoch im Amtsgericht Starnberg vorgeführt wurde.

Der beschuldigte Autofahrer hatte den Strafbefehl wegen Nötigung von 2000 Euro und drei Monaten Fahrverbot nicht akzeptiert und versuchte ohne Anwalt, nun im Prozess einen Freispruch zu erlangen. "Trotz Lichthupe blieb der andere Fahrer einfach auf der linken Spur, ich kann doch nicht übers Auto fliegen", rechtfertigte der 52-jährige Starnberger sein Verhalten recht impulsiv. Solche Szenen spielten sich doch jeden Tag auf Autobahnen ab. Jetzt bremste ihn aber Richterin Christine Conrad aus und riet dem Angeklagten dringend, anhand des eindeutigen Videos den Einspruch gegen den Strafbefehl zurückzunehmen. Denn einen Lkw auf der Standspur zu überholen und dann vor dem anderen Wagen auf der linken Spur noch heftig auf die Bremse zu treten, sei "dreist und lebensgefährlich", betonte die Richterin.

Angesichts dieser Manöver könne man auch darüber nachdenken, die Strafe auf 4200 Euro zu erhöhen und dem Angeklagten die Fahrerlaubnis zu entziehen - weil er charakterlich nicht geeignet sei, ein Fahrzeug zu führen, wie die Amtsrichterin erklärte. Die Eignung für eine Fahrerlaubnis müsse folglich bei der Führerscheinbehörde erst wieder beantragt und erworben werden. Nach dieser klaren Ansage wurde der Starnberger Autofahrer kleinlaut, ihm wurde offenbar bewusst, dass er mit dem Strafbefehl noch gut bedient war. Der 52-Jährige zeigte sich einsichtig und nahm seinen Einspruch zurück, um einer Verurteilung mit dem angedrohten höheren Strafmaß zu entgehen. Den Führerschein muss der Autofahrer also nun doch für drei Monate abgeben - und die 2000 Euro Strafe zahlen .

© SZ vom 05.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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