Lebenshilfe Starnberg:Mit dem Rollstuhl auf den Herzogstand

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Ein Fest der Zuversicht: Der Leiter der Einrichtung Offene Hilfen Sebastian Vocilka feiert heuer das 25-jährige Bestehen des Projekts. (Foto: Nila Thiel)

Die Lebenshilfe Starnberg bietet seit 25 Jahren Freizeitangebote für Menschen mit Behinderung und ihre Familien an. Inzwischen betreut sie mit dem Projekt Offene Hilfen 120 Kinder und Jugendliche, sowie 20 Erwachsene

Von Amelie Plitt, Starnberg

"Nach 25 Jahren kann ich sagen, dass die Offenen Hilfen im Landkreis Starnberg ein rundum gelungenes Projekt sind", konstatiert Christian Münzel, pädagogischer Leiter der Lebenshilfe Starnberg. Noch unter der Bezeichnung Familienentlastender Dienst wurde das Projekt der Lebenshilfe Starnberg 1991 gestartet. Die Offenen Hilfen betreuen seither geistig und körperlich behinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene sowie deren Familien. Die oberste Prämisse der Einrichtung besteht darin, die Angehörigen zu entlasten, zu beraten und Freizeitprogramme für behinderte Menschen zu gestalten.

In den vergangenen 25 Jahren wurde das Leistungsspektrum erweitert. "Wir haben über die Jahre ein differenziertes Freizeitangebot eingerichtet, ein qualitativer Sprung nach vorne", illustriert der pädagogische Leiter. Und was kommt besonders gut an? Beliebt bei Kindern und Jugendlichen sind Ferien auf dem Bauernhof oder ein Besuch auf einer Reitanlage, aber auch Partys in Jugendclubs sind für die Heranwachsenden ein Höhepunkt. Frei nach ihren Möglichkeiten und Interessen entfalten können sich die Menschen mit Handicap auch bei zahlreichen Sport- und Musikangeboten, Kochkursen sowie Ausflügen. Bei sonnigem Wetter sind die Dampferfahrten auf dem Starnberger See ein beliebtes Ziel, wobei die geistig und körperlich Behinderten nicht nur viel auf dem Wasser zu beobachten haben, sondern es gleichzeitig Zeit für Entspannung gibt. Eins wurde mit den Jahren immer wichtiger: Die Betroffenen sollen bei der Programmauswahl selbst mitbestimmen können. "Durch die Rücksprache mit den Behinderten und einer Orientierung an ihren individuellen Bedürfnissen hat sich eine sukzessive Verbesserung und Fortentwicklung der Freizeitangebote durchgesetzt", stellt der pädagogische Leiter fest. So hat das Team der Offenen Hilfen beispielsweise vor gut einem Jahr den Wunsch eines Schwerbehinderten erfüllt und ihn in seinem Rollstuhl auf den Herzogstand gebracht.

Die wachsende Nachfrage betroffener Familien ist ein entscheidender Punkt, weshalb das Freizeitangebot erweitert wurde. Übers Jahr hinweg betreut das Programm mittlerweile 140 behinderte Menschen, davon 120 Kinder und Jugendliche sowie 20 Erwachsene. "Wir haben mit rund 30 bis 40 Kindern begonnen, dann schnellte der Bedarf rasant in die Höhe, woran man erkennt, wie nötig die Offenen Hilfen sind", erläutert der 51-jährige Münzel. Für die Einrichtung arbeiten derzeit hauptamtlich zwei Sozialpädagogen, die, neben koordinatorischen und organisatorischen Aufgaben, die Familien beraten. Außerdem sind nebenamtlich rund 50 geschulte Mitarbeiter für die Offenen Hilfen tätig, die die Betroffenen und ihre Familien fachkundig und individuell betreuen.

Dass das Projekt erfolgreich ist, kann nicht zuletzt auf den seit Jahren stabilen Mitarbeiterstamm zurückgeführt werden, der durch seinen Erfahrungsschatz die Familien vertrauensvoll begleitet. "Um ein qualitativ hohes Betreuungsniveau zu gewährleisten, bieten wir den ehrenamtlichen Mitarbeitern zudem regelmäßig Fortbildungen an", verdeutlicht Münzel. Eine Weiterentwicklung war auch der Umzug aus der Souterrainwohnung im Prinzenweg in die neue Wohnung in der Zeppelinpromenade im Jahr 2003, wo ein barrierefreies Wohnen für die Behinderten eingerichtet wurde. So können die Menschen mit Handicap nicht nur daheim betreut werden, sondern ein paar Stunden oder Tage in der Wohnanlage unterkommen, wenn die sie betreuenden Angehörigen eine Pause von dem energieraubenden Alltag brauchen.

Und die Pläne für die Sommerferien? Auch hier haben sich die Offenen Hilfen einiges vorgenommen. Das Freizeitprogramm wurde auf Wunsch der Eltern und in Rücksprache mit den Betroffenen ausgebaut: Für die Kinder sind ein zweitägiger Ausflug an den Walchensee und eine Exkursion nach Höhenrain zu einer Waldpädagogin geplant. Aktuell komme besonders gut der Filzkurs an, ein Inklusionsprojekt in Kooperation mit dem Ferienprogramm der Stadt Starnberg, sagt Sebastian Vocilka, Einrichtungsleiter der Offenen Hilfen.

Für die Zukunft wünschen sich Münzel und Vocilka einen Ausbau von Inklusionsangeboten, da diese helfen würden, Barrieren abzubauen. Die Kooperation mit Vereinen muss dafür erweitert werden, Gespräche finden schon mit dem Jugendzentrum statt, konkret ist aber noch nichts in Planung. Stets aktuell ist natürlich auch, dass diejenigen, die an der Arbeit mit behinderten Menschen interessiert sind, jederzeit mithelfen dürfen. Denn eins ist für Münzel nach all den Jahren klar: "Die Erfahrungen lehren, dass das Unterstützen der Betroffenen und ihrer Familien eine spaßige und tolle Arbeit und eine Bereicherung fürs Leben sind."

© SZ vom 09.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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