Landkreis Starnberg:Reiche Ernte

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Die Obstbäume biegen sich unter der Last ihrer Früchte. Obstpressen sind bereits an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt. Wer allerdings keine eigenen Äpfel und Birnen hat, kann sich mittlerweile sogar auf Selbstpflückfeldern bedienen

Von Blanche Mamer, Starnberg

Die Äste biegen sich unter der schweren Last. Pro Baum können bis zu 150 Kilo Früchte zusammen kommen. "Es ist ein außergewöhnlich gutes Jahr", sagt Jürgen Ehrhardt, Kreisfachberater für Gartenkultur und Landespflege im Landratsamt. 14 Tage früher als sonst sind Äpfel, Birnen und Zwetschgen reif. Und das im Überfluss: "Viele Obstbäume tragen so stark, dass die Gefahr besteht, dass Hauptäste abbrechen. Man muss sie unbedingt stützen", rät Ehrhardt. Die Bedingungen in diesem Frühjahr und Sommer seien besonders gut gewesen. So gab es kaum Unwetter. Und weil es so wenig geregnet hat, auch wenig Pilzkrankheiten. Die Fülle an Obst sei so extrem, dass manche Hobbygärtner nicht wüssten, wohin mit den Früchten. Viele haben nicht die notwendigen Lagermöglichkeiten, zudem kann niemand unendlich Kuchen, Strudel oder Gelee bereiten.

In den Apfel muss man beißen, sagte Goethe - und so sieht es auch Michael Wurzbacher von "Natürlich Saft" (rechts) auf dem Apfelfeld in Breitbrunn. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Saft machen wäre also eine Lösung. Doch auch die Obstpressen im Landkreis sind überlastet. "Wir arbeiten nur nach telefonischer Anmeldung", sagt Christiane Grötsch, die die Dorfpresse in Machtlfing betreibt. Seit dem 10. August werden Birnen und Äpfel entgegengenommen, gepresst, erhitzt und abgefüllt. Mindestabnahme ist 50 Kilo. "Bei uns bekommt jeder Anbauer den Saft von seinen eigenen Äpfeln", sagt Grötsch. Für einen Liter zahlt der Kunde 50 Cent, hinzu kommen die Kosten für die Verpackung nach dem Bag-in- Box-System, "eine hervorragende Methode, da der Saft im geöffneten Kunststoffbeutel drei Monate lang frisch bleibt, auch ohne Kühlung". In diesem Jahr werde bei der Obstpresse die 100 000-Liter-Marke wohl überschritten, meint sie. Sie brauche jedenfalls zwei weitere Mitarbeiter, um mit dem Andrang klar zu kommen, denn die Kunden kommen nicht nur aus der Region, sondern auch aus dem weiteren Umland. Das galt bisher auch für die Obstpresse des Obst-und Gartenbauverein Aufkirchen. Doch mittlerweile muss der ehrenamtliche Betreiber Ralf Maier Interessenten von auswärts abweisen. Die Kapazität ist erreicht. Für Hobbygärtner, die ihre Apfel- oder Birnenerträge nicht bewältigen, gibt es vom 22. September an die Möglichkeit, das Obst bei der Familie Perger in Breitbrunn zu Saft verarbeiten zu lassen. Zudem ist die Firma Noll aus Dießen mit einer mobilen Presse im Umland unterwegs und macht am 18. September in Nebel bei Germering und am 8. Oktober in Breitbrunn Station.

Knackig, süß und saftig, mit einem leicht säuerlichen Nachgeschmack! Auf dem Apfelfeld von Timo Friesland in Breitbrunn kann man selbst Äpfel pflücken. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Doch nicht jeder hat einen überladenen Apfelbaum vor der Tür oder hinterm Haus. All diesen Apfelfans ermöglicht es Timo Friesland von "Ammersee Obstbau", sich selbst zu versorgen. Der Starnberger hat die ehemaligen Obstplantagen der Familie Perger übernommen und die Idee, die Apfelfelder östlich vom Ammersee für Selbstpflücker zu öffnen, umgesetzt. Er will indes nicht von einer Rekordernte sprechen. Die alten Sorten seien robuster, die Erträge gleichmäßiger. "So hatten wir im schlechten Apfeljahr 2017 eine gute Ernte. Darum hat sich die Idee, mit dem Selbstpflücken auch gut angelassen", sagt er. Das erste seiner Felder mit Bioäpfeln am Ellwanger Weg in Breitbrunn ist am Dienstag eröffnet worden. Weitere werden in den kommenden Tagen folgen, wo jeweils am Zugang eine Tonne mit einer Waage installiert wird. "Das Schöne ist, dass sich jeder die Äpfel pflücken kann, die ihn anlachen." Diese werden in eine Tasche gefüllt und an die Waage gehängt. Ein Kilo soll 2,50 Euro kosten. Friesland setzt auf die Ehrlichkeit der Kunden, die den Betrag selbst errechnen und in die Kasse werfen müssen. Von den 1000 Apfelsorten, die es in Deutschland gibt, sind viele vergessen. Friesland sagt, auf den Feldern am Ammersee gebe es etwa 100 verschiedene alte und neue Sorten, wie Rambour, Boskop, Florina, Pilot, Jaudene, Joidline Santana, Sternette, Hilde, Roter Weilheimer. Im Spätherbst werden Hunderte Bäume abgeerntet und zu Saft gepresst. In einem Betrieb in der Nähe von Rosenheim und kommen unter der Bezeichnung "Natürlich Saft" in den Handel.

© SZ vom 05.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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