Kurzkritik:Vielversprechend

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Matinee mit Susanne Klovsky und Valerie Steenken

Von Reinhard Palmer, Starnberg

So eine Matinee im königlichen Wartesaal des Kulturbahnhofs Starnberg hat schon etwas von der Atmosphäre eines Hauskonzerts. Zudem wenn auf einem schlichten Schimmel-Klavier musiziert wird, den allerdings die herausragende junge Pianistin Susanna Klovsky feindifferenziert in Szene zu setzen verstand. Doch in der Reihe "Junge Szene" stand vor allem die Geigerin Valerie Steenken im Zentrum der Aufmerksamkeit. Mit ihren 17 Jahren ist die Jungstudentin der Münchner Musikhochschule und Konzertmeisterin renommierter Jugendorchester ein vielversprechendes Talent. Und das ehrgeizige Programm des gut aufeinander eingespielten Duos machte deutlich, dass es beim Versprechen nicht bleiben sollte. Die Werke von Schubert, Brahms, Dvořák und Saint-Saëns boten in ihrer Vielfalt genügend Möglichkeiten, sich mit reich differenziertem Spiel zu präsentieren.

Die Handschrift Julia Fischers, in deren Klasse Steenken seit etwa einem Jahr studiert, macht sich bereits deutlich bemerkbar. Weite Spannungsbögen erfüllt mit satter, plastisch geformter Substanz kamen im Programm immer wieder zum Zug. Leidenschaftliche, weitatmige Gesänge wie in Schuberts bewegtem Andante der Sonatine a-Moll, vor allem aber im empfindsamen Kopfsatz-Vivace und innigen Adagio in Brahms' Regenliedsonate G-Dur op. 78 steigerten sich geradezu ins Elegische. Klovsky animierte dazu nur sparsam und ließ der sicher agierenden Geigerin den nötigen Freiraum, aus den Empfindungen heraus zu gestalten. Und den nutzte Steenken vor allem für sehnsuchtsvolle Charakteristik, zumindest wenn melodisches Material die Gelegenheit dazu gab.

Die Qualität des homogenen Zusammenspiels offenbarte sich vor allem im zielsicheren Zugriff auf die vielfältige Literatur. Gerade die Romantischen Stücke op. 75 von Dvořák stellen hohe Anforderungen an die Formung spezifischer Stimmungen, in denen sich die Musikerinnen überaus wendig zeigten: nostalgisch im Allegro moderato, spritzig leicht bis musikantisch im Allegro maestoso, melodiös fließend in dramatischen Wogen im Allegro appassionato bis hin zur plastischen Formung eines empfindsam zarten Larghetto. Dabei alles wunderbar kultiviert und beherrscht. Umso überraschender kam schließlich das zigeunerisch-feurige Introduktion und Rondo Capriccioso op. 28 von Saint-Saëns daher, in dem das Duo effektvoll die Zügel lockerte, sodass Steenken mit Schmiss temperamentvoller Virtuosität freien Lauf lassen konnte. Auf das mächtig wirbelnde Finale mussten einfach enthusiastische Ovationen folgen - und hielten im vollbesetzten Wartesaal lange an.

© SZ vom 23.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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