Kunst:Kreative Gemeinschaft

Lesezeit: 3 min

Die Künstler der Gautinger Reismühle öffnen ihre Ateliers: Dort gibt es mittlerweile Arbeitsplätze für 36 Kreative, die vom Malatelier übers Fotostudio bis hin zur Bildhauerwerkstatt nahezu alle Sparten umfassen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Zum Auftakt von "Gauting in Kultur vereint" öffnen die Künstler der Ateliers in der Reismühle am Wochenende vom 8. bis 10. Juni wieder ihre Pforten und präsentieren höchst unterschiedliche Arbeiten

Von Katja Sebald, Gauting

Überall öffnen sich die Türen: Zum Auftakt der Gautinger Kulturwoche (8. - 17. Juni) laden 31 Künstler in der Reismühle in ihre Ateliers ein. Erstmals sind Kinder aus der "Schule der Fantasie" in der Bootshalle dabei, während die Reismühlen-Künstler selbst als Gastaussteller ihre Arbeiten auch im Bosco zeigen - und das ist nur der erste Tag einer ganzen Woche voller Kunst und Kultur. Die Vorbereitungen für die Ateliertage (8. bis 10. Juni) laufen seit Wochen auf vollen Touren.

Seit 1999 gibt es die Ateliergemeinschaft in der Reismühle am Ortsrand von Gauting, die von Gudrun von Rimscha und Christine Wieland gegründet wurde. Von insgesamt 14 Künstlern der ersten Stunde arbeiten immer noch zwölf in den idyllisch an der Würm gelegenen Gebäuden. Mittlerweile gibt es dort Arbeitsplätze für 36 Künstler, die vom Malatelier übers Fotostudio bis zur Bildhauerwerkstatt nahezu alle Sparten und Gattungen umfassen. Vernetzung und Synergieeffekte, wie sie die Themenwoche "Gauting in Kultur vereint" propagiert, sind in der Reismühle seit langem gelebte Realität. So teilen sich etwa die beiden jüngsten Neuzugänge der kreativen Gemeinschaft einen großen Atelierraum und "pfuschen" sich gegenseitig auf höchst produktive Weise ins Handwerk: Malerin Anna Eibl-Eibesfeldt experimentiert auch auf kleinen Keramikgefäßen mit subtilen Farbverläufen, die Keramikerin Stefanie Gravanis malt zwischendurch auch auf Leinwand. Jede für sich ist allerdings eine Meisterin ihres Fachs: Eibl-Eibesfeldt, die unter anderem bei Horst Sauerbruch studierte, zeigt farbintensive, eigentlich abstrakte Malerei, bei der sie aber von Landschaftseindrücken inspiriert wird. In einigen ihrer neuen vielschichtigen Bilder meint man, die am Atelier vorbeifließende Würm und ihre Stimmungen zu sehen. Gravanis arbeitet mit weißem und schwarzem Porzellan und schamottiertem Steinzeug. Ihre unregelmäßigen Gefäße und Objekte machen ihren Entstehungsprozess auf höchst spannende Weise sichtbar und bestechen durch das fein nuancierte Farbspiel auf ihren Oberflächen.

"Stille Landschaften" nennt Lina Sudholt ihre Ölbilder - durchgängig in zartesten Farbtönen zwischen Grün, Grau und Blau. Für die aus dem Norden stammende Künstlerin sind die flachen Standszenerien und Dünenwege, die wie im Dunst mit leichten Unschärfen dargestellt werden, auch "innere Bilder", die bewusst undeutlich bleiben. Sie malt nicht nach konkreten Vorlagen, sondern aus der Erinnerung an die vertraute Landschaft. Geheimnisse sollen auch die Bilder von Christine Wieland bewahren: Im großen Format bewegt sie sich zwischen Figuration und Abstraktion. Für ihre aktuelle Serie "Cover/Discover" wird bereits Gemaltes wieder übermalt, Konkretes durch milchig weiße Farbschichten verunklart und Ungegenständliches durch Hinzufügungen, Schriftfragmente und Hinweise auf die Welt der Dinge erklärt. Stets geht sie in ihrer Malerei von der Zeichnung aus. Die Farbe, so sagt sie, spielt dabei eine untergeordnete Rolle und ist allenfalls ein "Zusatzeffekt".

Poppig geht es bei Ernst-Hermann Ruth zu: In seinen Bildern, die an Arbeiten von Andy Warhol erinnern, ist alles Figurative fotografischen Ursprungs. Bevorzugtes Motiv sind Bilder prominenter Politiker, die er vom Fernseher abfotografiert, umwandelt, stark vergrößert und aufgerastert auf die Leinwand aufbringt, zumeist in Siebdrucktechnik. Die Leinwände sind malerisch bearbeitet, gestische Elemente ergänzen, hinterlegen und überlagern die Porträts. Eine ganze Reihe ist Barack Obama gewidmet, es gibt aber auch ein Motiv mit Warhol und ein anderes mit Joseph Beuys. Auch Maya Vester bearbeitet für ihre Collagen vorgefundenes Bildmaterial, allerdings ganz analog: Sie schneidet ihre Motive aus Kunstkatalogen und Hochglanzmagazinen aus und setzt sie neu zusammen. So hat sie sich etwa an einer fensterlosen Wand ihres Ateliers einen "Blick nach draußen" gebastelt.

Mit Spannung erwartet werden von den arrivierten Künstlern der Reismühle die jungen Wilden aus der "Schule der Fantasie": Unter dem aus zwei Morgenstern-Gedichten entlehnten Titel "Nasobem und Flügelflagel" zeigen Grundschulkinder aus verschiedenen Kursen ein "buntes Potpourri von allem", wie Kursleiterin Rosemarie Zacher es ausdrückt. Mit dabei sein wird ein Schlossgespenst, so viel will sie schon verraten - und auch sonst bietet sich das Gebälk der Bootshalle für Spuk und Zauberei an.

Die Ateliertage in der Reismühle werden am Freitag, 8. Juni, um 18 Uhr eröffnet und sind am 9./10. Juni jeweils von 11 bis 19 Uhr zu besichtigen. Näheres zu Führungen und zum Rahmenprogramm mit Musik und Catering: www.reismuehle.eu

© SZ vom 02.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: