Kulturangebot:Verwöhntes Publikum

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Viel Mühe, wenig Lohn: Das "Magic-Lake-Festival" in Dießen, unter anderem mit DJ Marusha, hätte mehr Besucher verdient. (Foto: Georgine Treybal)

Magic-Lake-Festival, Ammerseerenade oder Kulturspektakel Gauting: Mit den großen aufwendigen Festen ist kein Geld zu verdienen. Etliche Veranstalter zahlen drauf, einige reduzieren ihr Angebot

Von Gerhard Summer, Starnberg

Gelassenheit hat einen Namen: Tom Bohn. "Geld ist nicht alles, was zählt", sagt der Initiator des ersten Magic-Lake-Festivals auf dem Festplatz in Dießen. Und so viel Contenance ist schon bemerkenswert. Denn dieses liebevoll arrangierte Spektakel im späten September hat alles, was ein Kultereignis braucht, aber eben leider zu wenige Besucher. Mit 3000 zahlenden Gästen pro Tag hatten Bohn und sein Mitstreiter Jürgen Fahrenholtz gerechnet, am Ende sind es den offiziellen Zahlen zufolge gerade mal 750.

Dabei ist der Aufwand auf dem ohnehin zauberhaften Festgelände mit Bahnanschluss groß: 120 Mitarbeiter werkeln, damit eine kleine charmante Zeltstadt mit zwei großen Tipis aus dem Boden wächst. Das Kassenhäuschen ist eine Power-Flower-Kreuzung aus altem Mercedes und Renault, sogar die Mülleimer sind aufgestylt. Essen und Getränke heben sich deutlich vom Einheitsbreit ab, und die Bands können sich hören lassen. Wenngleich Bohn und Fahrenholtz mit den Headlinern am Samstag noch nicht der große Wurf gelungen ist. Supercharge, Bananafishbones und Selig aus Hamburg, das ist ein problematisches Dreigespann. Denn keine der Bands bewegt die Massen. Der Auftakt mit Supercharge ist denn auch grandios trostlos: 100 Zuschauer verlieren sich auf dem Platz vor der Bühne. Das ficht Bohn aber nicht an. Er sieht "unsere Mühe und den Aufwand absolut belohnt" und kündigt an, dass es ein zweites Magic Lake geben wird: "Wir machen weiter - auf jeden Fall."

Bohn mag zu den besonders unerschütterlichen Kulturmachern zählen. Aber genau genommen ist er keine Einzelerscheinung. Denn auch mit anderen großen Festivals oder Musikreihen im Landkreis Starnberg und Umgebung lässt sich kein Geld verdienen, ob es nun um Doris Pospischils Ammerseerenade Ende August geht, um die Tutzinger Brahmstage im Oktober, die in ihrem Jubiläumsjahr ganz dem Meister huldigen, das Kulturspektakel in Gauting, "Jazz am See" in Feldafing oder um das alles überragende Fünfseen-Filmfestival. Das hat mit dem organisatorischen und personellen Aufwand zu tun, der hinter solchen Veranstaltungen steckt, mit den Gagen, die für renommierte Künstler fällig sind, und natürlich auch mit dem zuweilen unberechenbaren und durch die Nähe zu München verwöhnten Publikum.

Normalerweise sprechen die Veranstalter nicht von Verlusten. Kinobetreiber Matthias Helwig tut es heuer aber doch. Der Leiter des Festivals zahlte in den Jahren zuvor offenbar immer drauf. Klar, Geld ist nicht alles, ohnehin hat der Filmmarathon einen nicht zu unterschätzenden Marketingeffekt. Denn das Festival bringt Helwig die Aufmerksamkeit, die er das Jahr über für seine Lichtspielhäuser im Landkreis braucht. Aber 2017 ist der Verlust mit 30 000 Euro eklatant hoch. Die Lösung des 57-Jährigen: weg von der riskanten Ferienzeit, hin zum kompakten Format. Im nächsten Jahr soll das Filmfestival erst im Frühherbst starten und eine Spur kleiner ausfallen, die Open-Airs bleiben beim alten Termin Ende Juli. Und: Helwig gelingt es, mehr Zuschüsse für das Großereignis einzusammeln.

Auch Veranstalter Manfred Frei muss umdisponieren. Er reduziert seine "All that Jazz"-Reihe zum Herbst-Festival. Denn zuletzt war die Schlossberghalle Starnberg oft nur schütter besetzt, sogar bei hochrangigen Ensembles. Und die beträchtliche finanzielle Förderung, die der Jazz-Liebhaber im ersten Jahr erhalten hatte, ist längst ausgelaufen.

Zumindest in der Klassik wird es 2018 voraussichtlich eine Renaissance geben, an die schon kaum mehr jemand geglaubt hatte: die Wiedergeburt des Carl-Orff-Festival mit neuem Namen, neuen Veranstaltern und neuem zeitgemäßen Konzept.

© SZ vom 29.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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