Kultur:Kaspar und die Kunst des Schreibens

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Wenn Tanja Weber mit Hund Kaspar Gassi geht, entstehen ihre Geschichten. (Foto: Georgine Treybal)

Die Krimiautorin Tanja Weber alias Judith Arendt verrät bei einer Lesung in Gauting aus ihrem neuesten Werk "Helle und der Tote im Tivoli" viel Persönliches - auch welche Rolle ihr Hund in ihrem Leben spielt

Von Blanche Mamer, Gauting

Aufmerksam beobachtet der behäbige Berner Sennenhund die Besucher der Buchhandlung Kirchheim in Gauting. Wachsam sitzt er neben seinem Frauchen, der Autorin Tanja Weber, die heute als ihr Alias Judith Arendt aus ihrem neuesten Krimi "Helle und der Tote im Tivoli" liest. Vom Publikum geht keine Gefahr aus, also legt sich Kaspar hin, den Kopf auf den Pfoten und döst. Kaspar sei wichtig, sagt Weber/Arendt. Ohne den Hund würde es ihren Krimi so wohl nicht geben. "Beim Gassigehen denke ich über die Geschichte nach, entwickele die Story weiter und setze mich zuhause gleich an den Computer, um alles aufzuschreiben." Kaspar liege derweil zu ihren Füßen, schnarche und fördere so ihr Schreibpensum. Die Kommissarin Helle Jespers hat auch einen Hund, ist im gleichen Alter wie sie selbst, hat ähnliche Probleme. "Ihr Hund ist alt, und ich mache mir schon Sorgen, wie ich ihn über die zwei weiteren Jespers-Krimis retten kann." Drei Fälle der Kommissarin aus dem beliebten Urlauberort Skagen "wo Nord- und Ostsee zusammenfließen" sind bis jetzt geplant, es könnte aber eine längere Serie werden.

Weber spickt ihre Lesung ganz freimütig mit Informationen über sich, ihre Art zu recherchieren - über die Arbeit der Polizei, so gut wie gar nicht! - und über ihr zweites Pseudonym Marie Matisek, das aus den zweiten Vornamen der Kinder entstanden ist, aber trotzdem "ein wenig ein Schämname ist". Unter diesem Namen schreibt sie nämlich leichte (oder sagte sie seichte?) Sommerromane, die in Südfrankreich oder in Italien spielen und ihr ein gutes Leben finanzieren. Skagen kenne sie gut, habe Freunde in Kopenhagen, aber sie halte sich nicht exakt an die Topografie.

"Ich habe es mit dem Norden. Ich liebe die Nordsee seit 40 Jahren." Und sie liebt den Film "Fargo" von den Coen-Brüdern, die weite ruhige Landschaft und die in sich selbst ruhende Frances McDormand als hochschwangere Kommissarin. "So eine Figur habe ich gesucht. Einen ähnlichen Charakter habe ich für meine Ermittlerin gefunden." Und die Weite der Landschaft. Skagen also, dieses kleine Städtchen, das im Winter schläft und auf dessen weite Strände im Sommer Tausende von Touristen strömen, "ein magischer Ort mit einem ganz besonderen Licht".

Vor Jahren seien sie und ihr Mann, der Schauspieler und Autor Gregor Weber, mit den Kindern im Tivoli gewesen. Die beiden wollten immer wieder mit einer bestimmten Bahn fahren. "Ich habe nachts geträumt, dass ein Toter mitfährt, jetzt habe ich dieses Bild benützt", berichtet sie. Und verzieht das Gesicht zu einem Grinsen. Man muss die Genre-Regeln befolgen, ein Toter gehört nun mal zum Krimi. Doch vor allem interessiere sie die Atmosphäre, die Figuren. Zum Beispiel Claas von der Security im Vergnügungspark. Mit ihm, der nur eine völlig unwichtige Nebennebenfigur ist, beginnt die Geschichte. Wie sie ihn und seine Gefühle beschreibt, damit zeigt sich ihr Können. Und auch die Erfahrung als Theaterdramaturgin und Drehbuchschreiberin spielt wohl eine Rolle. Nur vier Monate brauche sie fürs Schreiben, doch die Geschichten hätten alle einen langen Vorlauf, erzählt sie.

Kaspar ist aufgewacht, schlabbert aus seinem Wassernapf und beschnüffelt kurz den Hund eines Zuhörers. Keine Gefahr. Er döst weiter.

"Helle und der Tote im Tivoli", Atlantik Verlag, 287 Seiten, 16 Euro.

© SZ vom 13.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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