Ausgrabungen in Krailling:Begehrtes Plätzchen

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Keramikscherben lassen Schlüsse auf eine frühe Besiedelung zu. (Foto: Georgine Treybal)

Grabungsfunde am Paulhanplatz belegen, dass hier immer wieder Menschen siedelten

Von Carolin Fries, Krailling

Auf den ersten Blick ist nichts zu sehen, außer steiniger Erde. Der Kraillinger Paulhanplatz hat sich binnen weniger Wochen in eine Steinwüste verwandelt, bevor er im Rahmen der Neugestaltung der Ortsmitte eine neue Bedeutung finden soll. Dass sich hier schon bald Menschen im Schatten grüner Bäume zusammenfinden - das passt für Stefan Mühlemeier. Der Archäologe aus Pöcking leitet im Auftrag der Gemeinde die Ausgrabungen, die die Ortsgeschichte ein Stück weit zurück in die Gegenwart holen soll. Erste Ergebnisse liegen bereits vor: Am Paulhanplatz haben sich die Menschen immer schon gerne aufgehalten. "Womöglich liegt das an der Nähe zur Würm", mutmaßt Mühlemeier. Mit Ehefrau Ines Gerhardt, Hund Lisi sowie zwei Mitarbeitern arbeitet er an diesem Montag auf dem etwa 600 Quadratmeter großen Areal.

Erst auf den zweiten Blick fallen diverse dunklere Stellen auf, die mit kleinen Metallmarken durchnummeriert sind. Die Verfärbungen deuten darauf hin, dass irgendwann einmal in den eiszeitliche Schotter hineingegraben wurde, erklärt Mühlemeier. Die knapp einhundert Stellen auf dem Paulhanplatz gilt es deshalb genau zu begutachten, womöglich als Baumwurzel oder neuzeitliche Wasserleitung auszuschließen - oder aber, falls das nicht möglich ist, vorsichtig aufzugraben und auf Rückstände wie Keramikscherben, Metall, Knochenreste zu untersuchen. Bis zu 80 Zentimeter tief sind einige Löcher, andere Verfärbungen enden bereits wenige Zentimeter unter der Oberfläche.

Auf spektakuläre Funde sind Mühlemeier und seine Mitarbeiter am Paulhanplatz nicht gestoßen, doch gegenüber auf der Würmwiese, wo die Untersuchungen vor etwa drei Wochen begannen, stießen die Archäologen immerhin auf einen Ofen aus dem frühen Mittelalter und auf ein Grubenhaus - ein etwa drei auf vier Meter großer, überdachter Keller, wie er einst vermutlich für handwerkliche Arbeiten genutzt worden ist. Auch zwei Scherben fand Mühlemeier hier, die "eindeutig römisch" seien.

Archäologe Stefan Mühlemeier leitet die Ausgrabungen am Kraillinger Paulhanplatz. (Foto: Georgine Treybal)

Auf dem Paulhanplatz werden die Archäologen etwa 60 bis 80 Holzpfosten verschiedener Größe im Boden nachweisen können, so Mühlemeier. Er geht davon aus, dass hier einst zwischen vier und zehn Häuser standen - und zwar immer wieder neue, von der vorchristlichen Eisenzeit bis ins Mittelalter hinein. "Interessant sind die Funde in Bezug auf Dichte und zeitlicher Abfolge", sagt er. Wie bereits bei den Ausgrabungen im Jahr 2005 auf dem gegenüber der Margaretenstraße liegenden Grundstücks der heutigen Bücherei: Dort tauchten Funde aus der Latènezeit ebenso wie aus dem frühen Mittelalter sowie ein Töpferofen aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus auf. Zudem stießen die Archäologen auf die Kellerfundamente des ehemaligen Hofmarkschlosses. "Diese Stelle hier war für die Menschen immer interessant", schlussfolgert Mühlemeier.

Um die aktuellen Funde noch genauer einordnen zu können, erhofft sich Mühlemeier noch ein paar Randscherben, wie er sagt. Dann könne man noch mehr über die Siedlungen von früher sagen. Wobei der Archäologe betont: "Eine wissenschaftliche Auswertung machen wir nicht." Er dokumentiere die Ausgrabung lediglich und leitet die Ergebnisse weiter an das Landesamt für Denkmalschutz.

© SZ vom 15.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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