Konzert:Musikalische Entdeckungen

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Leise Töne, ganz stark: Matthias Bublath, Max Grosch und Christian Lettner (von links). (Foto: Georgine Treybal)

Das Jazz-Trio Bublath, Grosch und Lettner in Kempfenhausen

Von Reinhard Palmer, Berg

Vor wenigen Tagen standen die drei Jazzer schon in Bernried auf der Bühne, dort aber mit der mächtigen Eight Cylinder Bigband. Beim Open Air in Kempfenhausen waren nun in Kleinbesetzung die leisen, kammermusikalischen Töne dran und vier Titel, die schon in Bernried zu hören waren, kaum wiederzuerkennen. In der Reihe "Summer at the Seaside" in Kooperation mit den KunstRäume am See laden Max Grosch (Violine) und Matthias Bublath (Orgel, E-Piano) immer wieder prominente Gäste ein. Diesmal war der kreative Passport-Schlagzeuger Christian Lettner aus Österreich dabei.

Freiluftveranstaltungen gelingen hierzulande selten trockenen Fußes, umso mehr genossen die vielen Zuhörer im Hof des Kempfenhauser Schlosses den lauen Sommerabend, zunächst noch bei Tageslicht, später bei stimmungsvoll farbiger Bühnenbeleuchtung. Auch wenn bisweilen Wolken aufzogen, sorgten Grillen mit ihrem Zirpen für anhaltendes Summerfeeling beim gut gelaunten und durchweg begeisterten Publikum.

Die leisen Töne hatten nicht nur mit der kleineren Besetzung zu tun. Die drei Musiker gingen einen Schritt weiter und setzten das reich differenzierte Spektrum der Dynamik um ein paar Stufen herab. Derartige Rücknahmen sind für den Klang stets vorteilhaft, sofern es die Akustik erlaubt. Der Platz zwischen Schloss, Kapelle, Parkmauer, Hügel und Nebengebäuden gab überraschenderweise die ausreichende Geschlossenheit her, solche Feinheiten beisammen zu halten. Insbesondere hatte Lettner die Möglichkeit, sein Schlagzeug mit Fingerspitzengefühl und Präzision zum Klingen zu bringen. In den Soli breitete er meist eine dichte Unterlage aus, aus der er einzelne sonore Trommeltöne hervorhob und zu rhythmisierten Motiven formte. So bekamen seine über die rein rhythmische Arbeit hinausgehenden Einlagen fulminante Intensität und wahrten dennoch die kammermusikalische Feinsinnigkeit.

Die wenigen klangexperimentellen Andeutungen des Trios machten Lust auf mehr, doch es blieb bei den Appetizern. In Bublaths "Pepper" formte das Trio verspielte Klangfarben. Einen besonders schönen Effekt kreierte das Trio zum Ende von "Schorfheide" mit einer Rücknahme ins Träumerische, die reizvolle Zerbrechlichkeit hatte. Und bevor es mit der Standard-Ballade "My One and Only Love" weiter ging, schufen die Musiker ein klangmalerisches Intro mit leichtem Tastenzauber, irrlichternder Violine und den gläsernen Tönen bogengestrichener Becken. Ein Zauber, der sich zugleich als Konditionierung auf die feinen Nuancen erwies.

Stilistisch spannten Grosch, Bublath und Lettner einen weiten Bogen, hielten die jeweiligen Ausprägungen aber in einem relativ engen Rahmen, was dem Programm formale Konsistenz sicherte und dem musikalischen Konzept packende Stringenz. Stimmigkeit kam außerdem vom konzentrierten Spiel, das auf gegenseitigem Zuhören basierte. So konnten sich die Musiker noch gegenseitig überraschen und zu neuen Ideen herausfordern.

Das war weit wichtiger als stilistische Reinheit, die den drei Musikern allzu enge Grenzen gesetzt hätte. So war "Nice Green Bo" von Bublath im Grunde eine Latin-Nummer mit percussivem Schlagwerk, doch der Komponist des Stückes tendierte am E-Piano zum Blues. Die Funky-Nummer "Chunter" gab Grosch Gelegenheit, das Thema mit Wahwah-Effekt zu variieren. Und besondere Wirkung hielt George Dukes "The black Messiah" parat - dank Bublaths sattem Orgeleinsatz im Hammond-Sound, der Gospelatmosphäre auf den Plan rief. So entdeckten die Drei sogar Standards wie Duke Ellingtons "In a sentimental Mood" neu, um sie in Improvisationen zu umkreisen und in freien Varianten zu beleuchten.

© SZ vom 23.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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