Kommentar:Wirkungslose Warnungen

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Die Wasserwachten warnen, aber Spaziergänger und Eisläufer ignorieren sie regelmäßig

Von Michael Berzl

Vorsicht: Das Eis trägt noch nicht", heißt es auf einer Mitteilung, die der Ortsverband Pöcking-Starnberg der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) am Dienstag verschickt hat. Am Tag, nachdem sich auf dem Maisinger See und dem Weßlinger See Hunderte Schlittschuhläufer, Eisstockschützen und Eishockeyspieler getummelt haben. Bei sonnigem Wetter herrschte am Montag auf spiegelglattem Eis Hochbetrieb. Die Erfahrung, die diese Ausflügler gemacht haben, war: Das Eis trägt.

Diese Erfahrung deckt sich nicht mit der Darstellung der Lebensretter, die es natürlich gut meinen. Sie wollen ein Unglück verhindern, sie wollen verhindern, dass sich jemand in Gefahr bringt. Im frostigen Wasser kann es tatsächlich sehr schnell gehen, binnen weniger Minuten tritt eine Unterkühlung ein, die Kräfte schwinden. Wenn dann nicht rasch Hilfe naht, kann ein Ausflug auf zu dünnes Eis im schlimmsten Fall tödlich enden. Die Eisdecke sollte daher mindestens 15 Zentimeter dick sein, empfiehlt die DLRG.

Wenn der Frost in den nächsten Tagen anhält, kann es sein, dass diese Stärke tatsächlich noch erreicht wird. Einstweilen aber wirkt der Warnappell eher so wie im Sommer manchmal die Sturmwarnung am Ammersee: Wenn die Lichter blinken, bauen die Kitesurfer Segel und Board auf. Und wenn Warnungen vor dem Betreten der Eisflächen erklingen, wissen die Wintersportler im Landkreis, dass die kleineren Seen schon zugefroren sind. Die Moarschaften der Stockschützen sind immer die ersten; es sind oft Ortskundige, die sich auskennen, Schlittschuhläufer tasten sich dann auf die offene Fläche hinaus. Eine offizielle Freigabe gibt es ja nicht.

Der DLRG-Vorsitzende Walter Kohlenz erinnert selbst an die Situation vor sieben Jahren, als alle Warnungen ungehört verhallten. Lautsprecherdurchsagen vom Ufer aus blieben wirkungslos. Selbst als die ersten Ausflügler schon eingebrochen waren, tummelten sich noch Massen auf dem Wörthsee. Schließlich setzte die Polizei sogar einen Hubschrauber ein, um die Schlittschuhläufer zu verjagen. Warnungen, es sei gefährlich, das Eis zu betreten, hatten sie schon zu oft gehört und dann nicht mehr geglaubt, als es ernst wurde.

© SZ vom 04.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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