Klassik:"Man lernt, aufeinander zu hören und zu reagieren"

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Star-Geigerin Julia Fischer konzertiert am Wochenende in Puchheim, im Januar lädt sie zu den Musikferien nach Starnberg. Im Interview spricht die Gautingerin über die Zusammenarbeit mit Kindern.

Von Florian J. Haamann

Es wird ein bemerkenswertes Zusammentreffen: Julia Fischer, eine der besten und gefragtesten Geigerinnen der Welt, spielt an diesem Samstag ein Konzert zusammen mit dem Puchheimer Jugendkammerorchester (PJKO). Nach den Feiertagen lädt die Gautingerin dann Nachwuchstalente zu den Musikferien am Starnberger See und gibt am 2. Januar ein Konzert in der Starnberger Schlossberghalle. Im Interview spricht Julia Fischer über ihren eigenen Club und die Besonderheit der Zusammenarbeit mit Kindern.

SZ: Vor einem Jahr haben Sie den "Julia Fischer Club" gegründet. Über ihre Webseite können Mitglieder dort Ihre Einspielungen hören, Sie hinter die Bühne begleiten und exklusive Inhalte bekommen. Dafür produzieren Sie keine CDs mehr. Wie läuft es denn?

Julia Fischer: Sehr interessant. Die Mitgliederzahlen steigen ständig und die Rückmeldungen der Benutzer sind sehr positiv. Und mir macht es Spaß, einen Weg zu gehen, der neu ist.

Einer der Gründe für die Eröffnung des Clubs war, dass Sie nicht an die Zukunft der CD glauben. Können Sie nach einem Jahr schon sagen, ob dieses Projekt ein Modell für die Zukunft sein kann, für Sie und für den Klassikmarkt?

Da kann ich nicht für den Klassikmarkt an sich sprechen, sondern nur für mich. Und es ist für mich definitiv der richtige Weg, selber zu produzieren. Ob die ausschließliche Vermarktung auf meinem eigenen Portal in zehn Jahren auch noch funktioniert, werden wir sehen.

Können Sie denn eine Prognose abgeben, in welche Richtung sich vor allem die klassische Musik entwickeln könnte oder sollte, um eine erfolgreiche Zukunft zu haben?

Ich finde, das Wichtigste ist die Neugier auf allen Seiten, beim Musiker, beim Veranstalter, beim Publikum. Dann wird die Zukunft wunderbar werden.

Wie wichtig ist es für einen Künstler heutzutage, den Menschen einen direkten und exklusiven Zugang zu sich zu ermöglichen? Und honorieren die Leute das auch?

Das muss jeder für sich entscheiden. Ich halte nichts von ständiger oberflächlicher Kommunikation über tausend Kanäle.

Mit dem Club haben Sie viele Freiheiten gewonnen. Welche davon genießen Sie am meisten?

Selber zu entscheiden, was ich aufnehme und mit wem. Selber zu entscheiden, welche Pressetermine ich wahrnehme.

Wahrscheinlich haben Sie auch schon gehört, dass Simone und Peter Michielsen das PJKO gegründet haben, nachdem sie eines Ihrer Konzerte in Eichenau besucht haben. Sie waren damals keine zehn Jahre alt. Was empfinden Sie, wenn Sie diese Geschichte hören?

Ich finde, es ist eine wunderschöne Geschichte und berührt mich sehr. Und ihre Arbeit mit den Kindern bewundere ich sehr, sie ist so wichtig in der heutigen Zeit.

Nun spielen Sie zu dessen 25. Geburtstag gemeinsam mit dem PJKO. Wie wichtig sind solche Jugendorchester auf dem Weg eines Musikers, egal ob er später mal Solist werden möchte oder ob aus ihm vielleicht einfach nur ein begeisterter Konzertbesucher wird.

Das gemeinsame Musizieren ist enorm wichtig. Man lernt, aufeinander zu hören, aufeinander zu reagieren, selber zu agieren. Es ist wie im wirklichen Leben.

In der vergangenen Woche haben Sie sich zur Probe mit den Musikern des Puchheimer Jugendkammerorchester getroffen. Welchen Eindruck hatten Sie von der Probe und dem Orchester?

Es hat großen Spaß gemacht. Und ich war tief beeindruckt von der Konzentration, mit der gearbeitet wurde. Alle haben zugehört und versucht, jede meiner Ideen bestmöglich umzusetzen.

Sie selbst unterrichten nicht nur ihre Studenten, sondern immer wieder auch Kinder. Was versuchen Sie ihnen dabei zu vermitteln?

Die Freude an Musik, und die Fähigkeit von Musik, alle Grenzen zu sprengen. In der Musik gibt es keine Religionen, Nationen, Diskriminierung oder Geschlechterkämpfe.

Was erzählen Sie Kindern, die sicher sind, dass sie Profimusiker werden wollen?

Wenn sie sich fragen, ob sie es werden wollen, ist die Antwort nein. Nur wenn es keine Frage ist, ist es überhaupt möglich.

"25 Jahre Puchheimer Jugendkammerorchester", Jubiläumskonzert mit dem PJKO und Julia Fischer, Samstag, 22. Dezember, von 20 Uhr an im Stadtsaal Fürstenfeldbruck. Karten unter www.fuerstenfeld.de von 21 bis 41 Euro an der Abendkasse, Schüler und Studenten zehn Euro. Eröffnungskonzert der Musikferien am Starnberger See mit Julia Fischer (Geige), Daniel Müller-Schott (Cello) und Kirill Trousson (Geige) am Mittwoch, 2. Januar, um 19.30 Uhr in der Schlossberghalle. Karten unter Telefon 08151/772-136.

© SZ vom 22.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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